Tyl, Oldřich (1884–1939), Architekt

Tyl Oldřich, Architekt. Geb. Eipowitz, Böhmen (Ejpovice, CZ), 12. 4. 1884; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren (Praha, CZ), 4. 4. 1939. T. stud. 1902–09 Architektur an der tschech. TH Prag bei →Josef Schulz. Anschließend arbeitete er bis 1914 im Baubüro des Prager Baumeisters Matěj Blecha. Danach selbstständiger Architekt, gründete er 1922 zusammen mit den Architekten Josef Mikyna und Miloš Tereba die Bauges. Tekta, die neue Konstruktionsprinzipien durch Anwendung eines Stahlbetonskeletts durchsetzen sollte. T.s erste Arbeiten sind dem national-dekorativen Stil verwandt, der mit der Entstehung der Tschechoslowak. Republik verbunden ist, allerdings ist das Ornament sehr gedämpft und die Fassade wird v. a. durch den strengen Rhythmus von quadrat. Fensteröffnungen gegliedert (z. B. Chirurg. Pavillon des Krankenhauses in Rakovník, 1921–25). Um 1922 wandte sich T. dem Purismus und Funktionalismus zu. Als sein bedeutendstes Werk wird meistens der Prager Messepalast (Veletržní palác) genannt (1924–28), der aber nicht rein nach seinem Entwurf gebaut wurde, sondern wesentl. Einflüsse seines Mitarb. Josef Fuchs aufweist. Das weiträumige Gebäude beurteilte Le Corbusier bei seinem Prag-Besuch im Jahr der Baubeendigung einerseits krit., andererseits war er von der bis dahin ungeahnten Größe dieser „neuen Architektur“ beeindruckt. Unter T.s weiteren Aufträgen überwiegen solche für das Gesundheits- und Sozialwesen (z. B. Krankenhaus, Nová Paka; Sanatorium, 1928–30, Prag). Einen Wendepunkt in seiner Karriere bedeutete die Errichtung des Mädchenheims der YWCA (Young Women’s Christian Association, 1926–29) in Prag, dessen Konstruktion techn. Mängel aufwies. I. d. F. machte die Bauges. Tekta Bankrott und T. beendete gebrochen seine Tätigkeit. Zu seinen letzten Projekten gehören die Passage Černá růže (1929–33), eine Großgarage (1929–33) und das Polizeipräsidium (1932–38) in Prag. Charakterist. für T.s Funktionalismus sind asket. Einfachheit, die der dt. Neuen Sachlichkeit nahesteht, strenger Rhythmus, durchdachte Proportionalität und klass. Symmetrie. Außergewöhnl. Merkmal einiger seiner Projekte sind die gerundeten Eckbauvolumen (Ledigenheim Prag, 1923–26; Sparkasse Uhříněves, 1926–27). T., Pionier der funktionalist. Architektur in Prag, war Mitgl. der Architekten-Ges. Společnost architektů und des Klub architektů (ab 1919 dessen Vors.); in dessen Z. „Stavba“, die er 1922 initiierte und deren Red. er auch angehörte, publ. er die meisten seiner Projekte. Sein Nachlass befindet sich im Národní technické muz. in Prag.

Weitere W.: s. Nová enc. českého výtvarného umění; archiweb.cz.
L.: O. Starý, in: Architektura 1, 1939, S. 85ff.; M. Benešová, in: Staletá Praha 13, 1983, S. 117ff.; R. Švácha, in: Výtvarná kultura 8, 1984, Nr. 2, S. 63; Z. Lukeš – R. Švácha, in: Architektura ČSR 43, 1984, S. 463f.; M. Masák u. a., The Trade Fair Palace in Prague, 1995; Nová enc. českého výtvarného umění 2, ed. A. Horová, 1995 (m. W.); The Dictionary of Art 31, 1996; Enc. architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, ed. P. Vlček, 2004; archiweb.cz (m. B. u. W., Zugriff 24. 5. 2015).
(V. Laštovičková)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 29f.
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