Tyssowski, Jan Józef (1811–1857), Revolutionär, Politiker und Kartograph

Tyssowski Jan Józef, Revolutionär, Politiker und Kartograph. Geb. Tarnów, Galizien (PL), 8. 3. 1811; gest. Washington, D.C. (USA), 5. 4. 1857. Sohn des Staatsbeamten und Übers. Józef T. und von Pelagia T., geb. Paciorkowska; ab 1841 verheiratet mit Antonina Łęska. – Nach dem Besuch des Gymn. stud. T. Rechtswiss. in Lemberg. Im März 1831 unterbrach er das Stud., um am Novemberaufstand teilzunehmen, wo er unter Józef Dwernicki und →Josef Bem in der Art. diente. Nach dem Fall Warschaus kehrte T. nach kurzer Internierung im ostpreuß. Elbing im März 1832 nach Galizien zurück. Sein Jusstud. setzte er, da ihm dies in Galizien untersagt war, 1832–33 in Wien fort; 1836 Dr. iur. Ab Mai 1838 war T. Praktikant bei der Wr. Hofkammerprokuratur, ehe er im Dezember 1839 nach Lemberg zurückkehrte und als Praktikant in verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien arbeitete, seine Appellationsprüfung jedoch nicht bestand. 1842 wurde T. Sekr. auf Schloss Gumniska bei Tarnów, dem Besitz von →Władysław Hieronim Fürst Sanguszko, 1844 übernahm er die Stelle des Güterinsp. bei Karol Gf. Kuczkowski in Zasów bei Dębica. Bereits in seiner Wr. Zeit war T. im geheimen poln. Studentenzirkel Nowa Polska aktiv, der mit dem Towarzystwo Demokratyczne Polskie (T. D. P.) in Paris in Kontakt stand. Diese konspirative Arbeit in poln. Unabhängigkeitskreisen setzte er in Galizien fort, ab Ende 1844 in jener Geheimverschwörung, die den Ausbruch eines poln. Nationalaufstands vorbereitete. Im Februar 1846 vertrat T. Galizien in der neu gebildeten poln. Nationalregierung. Während des im selben Monat ausgebrochenen Krakauer Aufstands stand T. an der Spitze der revolutionären Regierungsgewalt und fungierte für rund eine Woche als Diktator der Freien Stadt Krakau. Nach der Niederschlagung der Erhebung wurde T. in Dresden verhaftet und vorerst in der Festung Königstein interniert, ehe man ihn im März 1847 an Österr. auslieferte. Nachdem man ihm eine Auswanderung in die USA ermöglicht hatte, traf T. im Juli 1847 in New York ein, wo er vorerst als Zeichenlehrer tätig war. I. d. F. fungierte er 1848–49 im Kreis dt. Sozialisten als Mitbesitzer und Red. der „Deutschen Schnellpost“. T. engagierte sich auch für die Erneuerung der New Yorker Sektion des T. D. P. 1849 übersiedelte er nach Washington, D.C., und begann eine Laufbahn als amerikan. Staatsbeamter, zuerst als Zeichner im Congressional Committee on Public Lands, ab 1851 im Department of the Treasury und ab 1853 schließl. im Patent Office, wo er bis in den Rang eines Chief Examiners aufstieg. T. arbeitete mit dem National Inst. in Washington zusammen und war Mitgl. der Mechanical Metropolitan Association. Er gehörte weiters der lokalen Freimaurerloge sowie dem Independent Order of Odd Fellows an.

L.: Wurzbach; S. Orgelbrand, Enc. Powszechna 14, 1903; Ilustrowana enc. Trzaski, Everta i Michalskiego 5, 1927; M. Tyrowicz, J. T. Dyktator Krakowski r. 1846, 1930 (m. B.); Wielka ilustrowana enc. powszechna 17, 1938; Whoʼs who in Polish America, ed. F. Bolek, 3. Aufl. 1943; M. Tyrowicz, Towarzystwo Demokratyczne Polskie 1832–63, 1964, S. 713ff.; Słownik historii polski, red. J. Czyżewski, 1969, S. 435; M. Tyrowicz, J. T. i rewolucja 1846 r. w Krakowie, 1986 (m. B.); Leks. historii Polski, ed. M. Czajka u. a., 1995; UA, Wien.
(G. Brudzyńska-Němec)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 34f.
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