Umlauft, Johann; Ps. F. T. Lumau (1807–1889), Politiker, Publizist und Schriftsteller

Umlauft Johann, Ps. F. T. Lumau, Politiker, Publizist und Schriftsteller. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 17. 5. 1807; gest. Wien, 8. 12. 1889; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Franz U., Vater von →Friedrich U.; verheiratet mit Flora U., geb. Jöndl. – U. stud. in Prag Philol. und ab 1828 eine Zeit lang Jus an der Univ. Wien, bevor er 1832 das väterl. Geschäft und Erbe in Prag übernahm. 1834 löste er das Handelsgeschäft auf und veröff. Ged. und Erz. in Z. wie „Der Sammler“ oder „Feyerstunde“. In der von ihm 1838 gegr. und hrsg. Prager Z. „Der Novellist“ bekannte er sich zur Bewegung Junges Dtld. Um 1840 gehörte er dem Preisgericht für die beste Novelle des vaterländ. literar. Almanachs „Camellien“ in Prag an. 1840 scheiterte seine Bewerbung um Anstellung bei der künstler. Leitung des Wr. Hofburgtheaters. Im selben Jahr trat U. als Konzeptspraktikant beim Wr. Bücherrevisionsamt in den Staatsdienst ein und wurde bald Zensor für Journale an der Obersten Polizei- und Zensurstelle. Daneben wirkte er weiterhin selbst als Publizist und war Red. und Theaterkritiker der „Wiener Theater-Zeitung“. Ab März 1848 beteiligte sich der Beamte und Kritiker des Absolutismus an Demonstrationen, wurde Mitgl. der Akadem. Legion in Wien und Delegierter im Wr. Sicherheitsausschuss. Im Juli 1848 für die Bez. Tulln und Leitmeritz in den RT gewählt, übernahm er das böhm. Mandat und schloss sich der demokrat. Linken an. Er trat für die unentgeltl. Grundablöse ein und sprach sich gegen die Todesstrafe aus. 1849 wurde er aus polit. Gründen zur Statthalterei nach Innsbruck, 1851 aufgrund seiner antiklerikalen Positionen erneut nach Wien versetzt. Im Dezember 1851 erfolgte seine vorzeitige Pensionierung als Min.-Konz. An einer Wr. Buchhandlung beteiligt, wurde der Schriftsteller 1852 wegen Verbreitung konfiszierter Publ. verurteilt. Der linksliberale Demokrat gehörte nach einer 1861 nicht anerkannten Wahl 1862–75 dem Gmd.rat von Wien und 1873–79 dem RR an. Er engagierte sich für die Volksschulreform, die Säkularisierung des Bildungswesens sowie die administrative Trennung Wiens von NÖ und forderte für Wien Schulgebäude anstatt des Rathaus-Neubaus. 1881–83 gab U. die Lehrer-Z. „Österreichs Neuschule“ heraus.

L.: Bll. zur Übung des Scharfsinns, der Geistesthätigkeit und wiss. Stud. Beibl. zu den Feierstunden der edleren Jugend, 12. 6. 1835; NFP, Prager Tagbl., 10. 12. 1889; Adlgasser; Czeike; Hall–Renner; Wurzbach; Verhh. des österr. RT nach der stenograph. Aufnahme 4, 1848, passim; M. Bermann – F. Evenbach, Die neuen Väter der Grosskommune Wien ..., 1861, s. Reg.; Wr. Kommunalbl. 1, 1875, S. 180; Mitth. des Nordböhm. Excursions-Clubs 13, 1890, S. 379; J. A. Frh. v. Helfert, Aufzeichnungen und Erinnerungen aus jungen Jahren, 1904, s. Reg.; O. Knauer, in: Hdb. der Stadt Wien, 1962, S. 244; G. M. Hahnkamper, Der Wr. Gmd.rat zwischen 1861 und 1864, phil. Diss. Wien, 1973, S. 575ff.; A. Meixner, Der Wr. Gmd.rat 1864–68, phil. Diss. Wien, 1975, S. 409; C. Felder, Erinnerungen eines Wr. Bgm., 2. Aufl. 1984, s. Reg.; UA, Wien.
(R. Luft)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 95f.
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