Unger, Ludwig (1848–1923), Kinderarzt

Unger Ludwig, Kinderarzt. Geb. Marienthal, Ungarn (Marianka, SK), 1. 10. 1848; gest. Wien, 30. 12. 1923. U. besuchte 1858–65 das dt. Staatsgymn. in Leutschau und stud. 1865–70 Med. an der Univ. Wien; 1870 Dr. med. und Dr. chir. 1870–71 leistete er seinen Militärdienst ab. Bereits 1870 erhielt U. eine Stelle als Sekundararzt am St. Josef-Kinderspital in Wien, wo er eine Fachausbildung für Kinderheilkde. bei Willibald Gunz absolv. Ab 1875 vertiefte er seine Kenntnisse in Frankreich, Dtld., der Schweiz und Italien. 1876 kehrte er nach Wien zurück und wirkte als prakt. Kinderarzt. 1888 habil. er sich für Kinderheilkde. an der Univ. Wien, verlor jedoch 1893 die Venia legendi, die ihm in einem Disziplinarverfahren wegen seines Kommentars „Die Docenten-Misere“ (Wr. Med. Presse, 29. 10. 1892) aberkannt wurde. Darin äußerte sich U. über die unwürdige Stellung von Priv.Doz. an der med. Univ. Wien, die daran gehindert wurden, ihre Lehrbefugnis in ausreichendem Maß auszuüben. Ab 1896 arbeitete er am anatom. Inst. von Emil Zuckerkandl und beschäftigte sich mit morpholog. und histolog. Stud., die von der k. Akad. der Wiss. in Wien finanziell gefördert wurden. Mehrere Ansuchen U.s um Wiederverleihung der Venia legendi (1900, 1901) scheiterten, bis er 1906 zum ao. Prof. mit Lehrauftrag für Schutzpockenimpfung ernannt wurde. Während des 1. Weltkriegs leitete er ein Militärspital in der Nähe von Wien. U. befasste sich u. a. mit dem Bau der Großhirnrinde, mit der corticalen Epilepsie im Kindesalter, mit Nephritis und Varicellen sowie mit Hirnentzündungen traumatolog. Ursprungs und machte sich um das Impfwesen verdient. Seine Fachbeitrr. erschienen u. a. in den „Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien“ und im „Archiv für Kinderheilkunde“. Erwähnenswert sind sein mehrfach aufgelegtes „Lehrbuch der Kinderkrankheiten“ (1890, 3. Aufl. 1901) sowie 1904 die Hrsg. eines der ersten in dt. Sprache gedruckten Werke über Kinderheilkde., „Das Kinderbuch des Bartholomäus Metlinger 1457–1476“. U. war Mitgl. der Ges. der Ärzte in Wien (1892–1910 Bibliothekar), der Morpholog.-physiolog. Ges. zu Wien, der Ges. für Innere Med. und Kinderheilkde. in Wien sowie der Dt. Ges. für Kinderheilkde.

Weitere W.: s. Eisenberg; Kreuter.
L.: NFP, 8. 1. 1924; Eisenberg 2 (m. W.); Fischer; Inauguration Univ. Wien 1924/25, 1924, S. 21f.; Kreuter (m. W.); Pagel; WMW 74, 1924, Sp. 171f.; K. H. Tragl, Geschichte der Ges. der Ärzte in Wien seit 1838, 2011, s. Reg.; UA, Wien.
(K. Arnegger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 104
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