Vajna, Gábor (1891–1946), Politiker und Offizier

Vajna Gábor, Politiker und Offizier. Geb. Szekler-Neumarkt, Siebenbürgen (Târgu Secuiesc, RO), 4. 11. 1891; gest. Budapest (H), 12. 3. 1946 (hingerichtet); evang. HB. Über V.s Jugend und Ausbildung ist kaum etwas bekannt. Er ergriff die militär. Laufbahn und wurde Anfang 1915 zum Oblt. ernannt. Während des 1. Weltkriegs diente er an der galiz. und italien. Front. Ab 1919 war er im Nachrichtendienst des Verteidigungsmin. tätig, bis 1921 als Erkundungsoff. in Wien. 1924 ließ er sich als Mjr. i. d. R. versetzen. 1924–31 operierte er im Dienst des ung. Verteidigungsmin. unter dem Decknamen Kern István gegen die Tschechoslowakei. 1931 wurde er Dir. der Pulverfabrik in Balatonfűzfő. Ab Mitte der 1930er-Jahre sympathisierte V. offen mit der rechtsradikalen Politik Ferenc Szálasis; wegen seiner diesbezügl. Agitation wurde er im Herbst 1938 seines Dir.postens enthoben. 1939 trat er der neu gegr. Nyilaskeresztes Párt – Hungarista Mozgalom (Pfeilkreuzler-Partei – Hungaristen-Bewegung) bei und erlangte bei den LT-Wahlen im selben Jahr ein Abg.mandat im Kom. Veszprém. In seinen polit. Reden fokussierte er v. a. auf soziale Fragen und die Lage der Arbeiterschaft. V. war ein bestimmendes Mitgl. der Pfeilkreuzler-Bewegung, seine Rolle innerhalb der Partei wuchs bes. ab 1942 deutl. 1943 wurde er von Parteichef Szálasi mit dem Ausbau der Kontakte zum Dt. Reich beauftragt. Eine ernsthafte Kontaktaufnahme seitens Berlins erfolgte jedoch erst mehrere Wochen nach der dt. Besetzung Ungarns im Frühjahr 1944. V. vermittelte zwischen der Partei und den Besatzern bzw. der damaligen ung. Regierung. An dem von den dt. Besatzern unterstützten Pfeilkreuzler-Putsch im Oktober 1944 wirkte er aktiv mit. Von Oktober 1944 bis März 1945 war er Innenminister der Pfeilkreuzler-Regierung. Während seiner Amtszeit wurde auf Verordnung des Innenmin. hin das Budapester Ghetto errichtet sowie die von einzelnen Pfeilkreuzler-Gruppen willkürl. ausgeübte Gewalt gegen Juden entfesselt. Dies wurde von der Exekutive und V. nicht nur geduldet, sondern sogar subtil unterstützt. Zwischen April und Juli 1944 wurde die Ghettoisierung und Deportation der jüd. Bevölkerung Ungars außerhalb Budapests unter dt. Leitung und mit Unterstützung der ung. Gendarmerie durchgeführt. Die Deportation der verbliebenen Juden durch die Pfeilkreuzler wurde im Spätherbst wegen Mangels an Transportmitteln zu Fuß in Richtung Österr. in Gang gesetzt. Ende März 1945 verließ V. Ungarn, geriet in Dtld. in amerikan. Gefangenschaft und wurde im Oktober desselben Jahres als Kriegsverbrecher an Ungarn ausgeliefert. Das Volksgericht in Budapest verurteilte ihn im März 1946 zum Tod durch den Strang.

L.: E. Karsai – L. Karsai, A Szàlasi per, 1988, s. Reg.; Z. A. Kovács, A Szálasi-kormány belügyminisztériuma, 2009, s. Reg. (m. B.).
(I. Murber)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 155f.
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