Valentinelli, Giuseppe (1805–1874), Bibliothekar und Bibliograph

Valentinelli Giuseppe, Bibliothekar und Bibliograph. Geb. Ferrara, Kg.reich Italien (I), 22. 5. 1805; gest. Villa Estense (I), 17. 12. 1874. Sohn des Juristen und Fachschriftstellers Francesco V. (gest. 1820), Avvocato del Sacro Palazzo unter Papst Pius VI., und dessen aus Mailand stammender Frau Maddalena Caccianiga. – V. trat 1816 in Padua in das Priesterseminar ein und stud. 1825–29 an der dortigen Univ.; 1829 Priesterweihe; 1832–34 Ass. am phil. Lehrstuhl; 1834 Dr. phil.; 1835 Dr. theol. 1834–37 wirkte er als Prof. für Phil. am Seminario Gregoriano in Belluno, ehe man ihm 1839 die Leitung der Seminarbibl. in Padua übertrug, deren Bestand er durch Büchertausch und nicht zuletzt auf eigene Kosten ausbaute. 1841 wurde er zum Vizebibliothekar und 1846 zum Präfekten der Markusbibl. (Marciana) in Venedig ernannt. In dieser Funktion, die er bis zu seinem Tod innehatte, führte er zudem die Aufsicht über das angegliederte archäolog. Mus. V. unternahm Reisen nach Dalmatien und Montenegro und erstellte umfassende Bibliographien zu diesen damals in hist. Hinsicht noch relativ wenig erforschten Ländern (u. a. „Bibliografia della Dalmazia e del Montenegro“, 1855; „Supplemento al Saggio bibliografico della Dalmazia e del Montenegro“, 1862). Er befasste sich weiters intensiv mit der Geschichte Aquilejas bzw. Friauls, über seine diesbezügl. Ergebnisse referierte er 1854 vor der kgl. böhm. Ges. der Wiss. („Degli studi sul Friuli“, in: Abhh. der kgl. böhm. Ges. der Wiss., F. 5, Bd. 9, 1856) bzw. publ. er im Umfeld der k. Akad. der Wiss. in Wien („Zur Geschichte der Patriarchen von Aquileja“, in: Notizenbl. Beil. zum Archiv für Kde. österr. Geschichtsquellen 4–5, 1854–55; „Catalogus Codicum manuscriptorum de rebus Foroiuliensibus ex Bibliotheca Palatina ad D. Marci Venetiarum“, in: Archiv für Kde. österr. Geschichts-Quellen 18, 1857). Weitere Forschungsreisen führten den umfassend gebildeten und der Monarchie loyal gesinnten Fachmann, der über zahlreiche internationale wiss. Kontakte verfügte, u. a. nach Spanien, England, in die Niederlande und nach Schweden. Die letzten Jahre seines Lebens widmete er v. a. der Bestandserschließung der von ihm geleiteten Bibl. und veröff. zu diesem Zweck 1868–73 einen unvollendet gebliebenen sechsbändigen Hss.kat. („Bibliotheca manuscripta ad S. Marci Venetiarum“). In seinen zahlreichen Werken zeigte er nicht zuletzt die Bedeutung der Marciana und ihrer Smlgg. für unterschiedl. Fachgebiete auf („Regesten zur deutschen Geschichte aus den Handschriften der Marcusbibliothek in Venedig“, 2 Bde., 1864–66; „Catalogo dei marmi scolpiti del Museo archeologico della marciana“, 1865; „Codici manoscritti d’opere di Francesco Petrarca ... posseduti dalla ... Marciana ...“, 1874). Des Weiteren befasste sich V., der auch Gelegenheitslyrik in latein. Sprache veröff., mit Plänen einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit und Standardisierung im Bibl.wesen. In seinem Testament bedachte er seinen Zweitwohnsitz Villa Estense sowie die Marciana mit großzügigen Legaten. V. war Mitgl. zahlreicher wiss. Ver. und Ges., u. a. k. M. der kgl. böhm. Ges. der Wiss. (1853), der kgl. bayer. (1860) und der k. Akad. der Wiss. in Wien (1864) sowie w. M. des Reale Ist. Veneto di Scienze, Lettere ed Arti (1870).

Weitere W.: s. Wurzbach; v. Prantl; Ferrari; Ferro.
L.: Allg. Ztg. (Augsburg), 1. 1. 1875 (Beil.); Wurzbach (m. W.); Almanach Wien 25, 1875, S. 153ff.; C. v. Prantl, in: Sbb. der phil.-philolog. und hist. Cl. der k. b. Akad. der Wiss. zu München, 1875, 1, S. 276ff. (m. W.); J. Petzholdt, in: Neuer Anzeiger für Bibliographie und Bibl.wiss., 1875, S. 226f.; C. Frati, Dizionario bio-bibliografico dei bibliotecari e bibliofili italiani ..., 1933; N. Agostinetti, G. V., 1989 (m. B.); E. Ferrari, in: Miscellanea Marciana 5, 1990 (m. W.); G. Veludo, in: Ist. Veneto di Scienze, Lettere ed Arti. Commemorazioni dei soci effettivi 1843–2010, 1, ed. M. Marangoni, 2011, S. 277ff. (m. B.); Inaugurazione delle opere di restauro del Palazzo Valentinelli, ed. A. Ferro, 2011 (m. B. u. W., Typoskript, Mus. civico dei villaggi scomparsi, Villa Estense, I); UA, Padova, I.
(H. Bergmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 159f.
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