Valussi, (Francesco) Pacifico (1813–1893), Publizist und Politiker

Valussi (Francesco) Pacifico, Publizist und Politiker. Geb. Talmassons, Illyr. Prov. (I), 30. 11. 1813; gest. Udine (I), 28. 8. 1893. Sohn des wohlhabenden Bauern Vincenzo V. und dessen Frau Maria Agnolutti, Bruder des Geistl., Publizisten sowie Kaplans einer Legion im aufständ. Venedig Giuseppe V., Onkel von →Eugenio Carlo V., Schwager von →Francesco DallʼOngaro; ab 1845 verheiratet mit Teresa Dall’Ongaro. – V. absolv. 1830 das Gymn. in Udine und begann anschließend ein Mathematikstud. an der Univ. Padua, das er 1836 abschloss. Während dieser Zeit widmete er sich intensiv der Lektüre italien. und fremdsprachiger Literatur und Publizistik und begeisterte sich v. a. für die Schriften →Niccolò Tommaseos. Nach Beendigung der Stud. ging V. nach Venedig, wo er sich mit dem Plan, in Friaul eine Landwirtschaftsschule zu gründen, befasste und zu diesem Zweck einen Lehrerkurs absolv. In Venedig verkehrte er in Künstler- und Intellektuellenkreisen und freundete sich mit DallʼOngaro an, unter dessen Einfluss er sich der Publizistik zuwandte. 1838 ging er nach Triest, wo er an der Z. „La Favilla“ mitwirkte. Auf Einladung →Karl Ludwig Frh. v. Brucks arbeitete er daneben am „Giornale del Lloyd Austriaco“ sowie ab 1843 am traditionsreichen „Osservatore Triestino“ mit. V., der mit der italien. Einigungsbewegung sympathisierte und liberale Ideen vertrat, litt unter der zunehmenden österr. Zensur. In diesen Jahren intensivierte sich seine Freundschaft zu Tommaseo sowie weiteren antiösterr. und liberal gesinnten Kulturschaffenden. Nach Ausbruch der Revolution in Venedig übersiedelte V. Anfang Mai 1848 mit seiner Familie dorthin, arbeitete auf Bitten Tommaseos an der „Gazzetta di Venezia“ mit und nahm auch Aufgaben in den Organen der prov. Regierung wahr. Entgegen der späteren Selbstdarstellung war V. damals republikan. gesinnt und gegen eine Fusion mit dem Kg.reich Sardinien. Die von ihm gegr. Ztg. „Fatti e parole“ wurde nach kurzer Zeit verboten. Nach der neuerl. Machtübernahme Daniele Manins im August 1848 wiederum publizist. und administrativ aktiv, schloss er sich dem republikan.-mazzinian. Circolo italiano an, der jedoch – u. a. wegen Kritik am militär. Vorgehen Manins – verboten wurde. V. legte seine Funktionen in der „Gazzetta del popolo“ und der Segretaria del Governo erneut zurück und lancierte im November desselben Jahres das Wochenbl. „Il Precursore“, in dem er u. a. eine verstärkte Zusammenarbeit mit den nationalen Emanzipationsbewegungen der Südslawen forderte. Im Februar 1849 wurde V. in die Assemblea permanente dei rappresentanti dello Stato di Venezia gewählt. Als Abg. nicht sonderl. hervortretend, berichtete er über die Sitzungen dieses Gremiums jedoch ausführl. im „Precursore“. I. d. F. für weitere Bll. tätig („Fratellanza deʼ popoli“, „LʼItalia Nuova“), reiste er im April/Mai 1849 nach Bologna und Ravenna, möglicherweise in geheimer polit. Mission. Er war weiters im Circolo di San Martino, einer Art Volksbildungseinrichtung, aktiv und unterrichtete zeitweise italien. Geschichte am Liceo di Santa Caterina. Nach dem Fall Venedigs übersiedelte V. im Herbst 1849 nach Friaul und arbeitete an der Ztg. „Il Friuli“ mit, die jedoch 1851 mit Verweis auf V.s revolutionäre Vergangenheit eingestellt wurde. I. d. F. für die HK von Udine und später für die Associazione agraria friulana tätig, schrieb er daneben sporad. für Mailänder Bll. Einer drohenden Verhaftung entzog sich V. 1859 durch Flucht nach Turin und später nach Mailand, wo er erneut eine intensive publizist. Tätigkeit entfaltete („Lombardia“, „La Perseveranza“, „L’Alleanza“, „L’Illustrazione“) und sich in Ver. für Flüchtlinge aus den österr. Gebieten engagierte. Nach der Proklamation von Florenz zur italien. Hauptstadt (1865) zog V. dorthin. Sein Giuseppe Garibaldi unterbreiteter Plan, mit Hilfe eines Insurrektionsheers eine nationale Revolution in Istrien und Friaul zu entfachen, lehnte dieser ab. Als V. vom neu ernannten kgl. Kommissar für Friaul, Quintino Sella, gebeten wurde, mit diesem in das inzwischen italien. Udine zu gehen und dort eine regierungsnahe Ztg. zu gründen, stimmte V. – der Sella in seiner Funktion als Finanzminister für seine Reduzierung des Militärhaushalts zuvor heftig kritisiert hatte – zu und leitete 1866–87 den „Giornale di Udine“. 1866–74 war er daneben Mitgl. der Abg.kammer des italien. Parlaments.

W.: s. Tafuro.
L.: C. Rinaldi, I deputati friulani a Montecitorio nellʼetà liberale (1866–1919), 1979; R. Tirelli, P. V., 1993; Figure e problemi dellʼottocento goriziano, ed. S. Cavazza – M. Gaddi, 1998, s. Reg.; F. Tafuro, Senza fratellanza non è libertà. P. V. e la rivoluzione veneziana del Quarantotto, 2004 (m. B. u. W.); Dizionario biografico friulano (online, Zugriff 26. 1. 2017); UA, Padova, I.
(H. Bergmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 169f.
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