Veigelsberg, Leo (1846–1907), Journalist

Veigelsberg Leo, Journalist. Geb. Boldogasszony, Ungarn (Frauenkirchen, Bgld.), 18. 1. 1846; gest. Budapest (H), 31. 10. 1907 (Suizid); mos. Sohn des Rabb. Joachim (Chaim) V., Vater u. a. von →Hugo V. und dem Rechtsanwalt Viktor V. (1875–1958); verheiratet mit Catherina (Katalin) V., geb. Schönberger (geb. Kecskemét, H, 1842; gest. 2. 7. 1911). – V. besuchte zunächst eine jüd. Schule in Kiskőrös, wo sein Vater das Rabb.amt innehatte, danach das Gymn. in Budapest. Anfang der 1860er-Jahre ging er zum Stud. der Med. nach Wien (nicht nachweisbar), musste dieses aber abbrechen. Danach kurze Zeit als Lehrer an einer jüd. Schule in Kecskemét beschäftigt, wandte er sich 1866 dem Journalismus zu und war zunächst bei einer polit. Korrespondenz und ab 1867 als polit. Berichterstatter für das Prager Bl. „Politik“ tätig. 1869–70 wirkte er an der Seite Eduard Horns als Red. beim kurzlebigen „Neuen Freien Lloyd“, ehe er als leitender Red. zum „Neuen Pester Journal“ wechselte. Ab 1872 arbeitete er beim „Pester Lloyd“, relativ bald als Leitartikler (seine Beitrr. waren mit zwei übereinander stehenden Sternchen gezeichnet) sowie als Feuilletonist. Seine Leitartikel zeichnete v. a. ein feuilletonist.-künstler. und stets pointierter Stil aus. Ab Anfang der 1890er-Jahre befand sich V. in ständigem Disput mit Vertretern antisemit. Strömungen in Ungarn und Österr.: So forderte er etwa nach einem scharfen Angriff →Karl Luegers diesen zum Duell, doch verweigerte sich dieser mit der Begründung, sich nicht mit einem Juden schlagen zu wollen. Anfang Oktober 1906 wurde V., der schon zu Beginn der 1890er-Jahre den Chefred. →Maximilian Falk in dessen Abwesenheit vertrat, gem. mit →Siegmund Schiller zum Nachfolger Falks als Chefred. bestellt, wobei beide die bisherige Linie der Ztg. – eines in dt. Sprache geschriebenen ung. Bl. – fortsetzen wollten. Noch wenige Wochen vor seinem Tod lud V. während der laufenden Ausgleichsverhh. führende Vertreter aus Politik und Wirtschaft beider Reichshälften zu einer Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer Trennung der Österr.-Ung. Bank ein und mahnte in einem seiner letzten Leitartikel, nach den langen Streitigkeiten das Ansehen der Monarchie nach außen wieder zu stärken. Vermutl. auf Grund andauernder zerrütteter finanzieller Verhältnisse, aus denen er sich trotz erhebl. jährl. Unterstützungen, die ihm vom Wr. Außenmin. seit Langem gewährt wurden, nicht zu befreien vermochte, nahm sich V. Ende Oktober in den Red.räumen der Ztg. das Leben. Sein Nachfolger wurde der bisherige Stellv. →Sigmund Singer. V. war Gründungsmitgl. und stellv. Präs. des 1896 gegr. Budapester Journalistenver. und wurde 1904 mit dem Orden der Eisernen Krone III. Kl. ausgez.

L.: Dt. Volksbl., 3. 6., Pester Lloyd, 23. 12. 1892, 1., 2. 11. 1907; Agramer Ztg., 13. 7. 1896; Kaschauer Ztg., 9. 10. 1906; NFP, NWT, 1. 11. 1907; Jew. Enc.; Das geistige Ungarn; M. Zsidó Lex.; Szinnyei; Universal Jew. Enc.; Wininger; HHStA, Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 212f.
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