Vesque von Püttlingen, Johann d. Ä. (1760–1829), Beamter und Bibliothekar

Vesque von Püttlingen Johann d. Ä., Beamter und Bibliothekar. Geb. Brüssel, Österr. Niederlande (B), 12. 11. 1760; gest. Wien, 1. 3. 1829. Aus einem bis ins 12. Jh. nachweisbaren, ursprüngl. französ. Adelsgeschlecht stammend (Vesque de Puttelange). Sohn von Johann V. v. P., Gen.insp. des Erzbistums Metz, und Cäcilie V. v. P., geb. v. Roquilly, Vater von →Johann Frh. V. v. P. d. J.; ab 1801 mit Theresia Leenheer v. Sleews (geb. 18. 3. 1770; gest. Wien, 20. 8. 1829) verheiratet. – V. besuchte das Gymn. in Commercy, stud. in Löwen Phil. und Rechte und unternahm Reisen durch Frankreich, Dtld. und die Niederlande. 1787 trat er als Konz. in Brüssel in den österr. Staatsdienst ein und gehörte jener Komm. an, die mit der Durchführung der von Joseph II. angeordneten Kirchenreformen betraut war. Mit Ausbruch der Revolution in Frankreich sah sich die Komm. gezwungen, Brüssel zu verlassen und nach Luxemburg zu gehen. Da V. nicht rechtzeitig aus der Stadt gelangte, wurde er wegen seiner Treue zum Kaiserhaus verhaftet und zwei Monate auf dem Treurenberg gefangen gehalten. Nach seiner Freilassung ging er nach Trier und war danach wieder in der Verwaltungskomm. in Luxemburg tätig. Schließl. wurde er zum Konz. beim österr.-niederländ. Staats- und Kriegssekretariat unter den Gen.gouverneuren Erzhgn. Marie Christine und Hg. →Albrecht v. Sachsen-Teschen ernannt. Zu seinen Aufgaben gehörten auch die amtl. Korrespondenz und die Zensur des Brüsseler Theaters. 1793 übernahm Erzhg. →Karl die Gen.-Statthalterschaft der Österr. Niederlande und V. wurde mit der Protokollführung betraut. Zum k. k. Sekr. befördert, musste er jedoch erneut mit dem Gen.gouvernement fliehen, als die französ.-republikan. Truppen im Anmarsch waren. Er begleitete den Transport des Archivs von Brüssel nach Düsseldorf und begab sich selbst schließl. nach Dillenburg. Ende 1794 wurde das österr.-niederländ. Gen.gouvernement aufgelöst und V. war gezwungen, unverzügl. zu fliehen. Da ihm, wie allen nun stellungslos gewordenen Beamten, nicht erlaubt war, nach Wien zu kommen, bereiste er Dtld., die Schweiz, Italien, OÖ, Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien, bis er in Neugalizien bei Alexander Fürst Lubomirski auf Schloss Opole als Bibliothekar und Erzieher aufgenommen wurde. 1804 fiel das Aufenthaltsverbot für österr.-belg. Beamte in Wien, worauf sich V. sofort dorthin begab und wieder in den Staatsdienst eintrat. Während der ersten französ. Invasion führte er die Hauptkorrespondenz mit den französ. Machthabern. Es erfolgte seine Ernennung zum w. k. k. Hofsekr. und 1808 zum Kanzleidir. des k. Oberstkämmereramts, darüber hinaus wurde er 1818 Reg.Rat, danach k. k. Schatzmeister und 1818 w. HR. 1814, 1815 und 1816 reiste er im Gefolge K. →Franz II. (I.) nach Paris, Venedig und Mailand und übernahm während des Wr. Kongresses häufig die Leitung des Oberstkämmereramts. 1824 wurde er zum ersten Kustos der Hofbibl. ernannt und behielt diese Stellung bis zu seinem Tod. V. verf. eine phil. Sprachenlehre, eine Geschichte des Dt. Ordens, staatsrechtl., polit., literar. und numismat. Abhh. wie auch poet. Erz. – vieles davon erschien im Druck.

W.: s. Wurzbach.
L.: Wurzbach (m. W.); J. V. v. P. (J. Hoven). Eine Lebensskizze aus Briefen und Tagebuchbll. …, 1887, passim; HHStA, Wien.
(R. Müller)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 251
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