Vest, Lorenz Chrysanth (Jacob) Edler von (1776–1840), Mediziner und Botaniker

Vest Lorenz Chrysanth (Jacob) Edler von, Mediziner und Botaniker. Geb. Klagenfurt (Klagenfurt am Wörthersee, Ktn.), 18. 11. 1776; gest. Graz (Stmk.), 15. 12. 1840; röm.-kath. Sohn des Mediziners Lorenz Chrysanth Edler v. V. (geb. Lienz, Tirol, 21. 10. 1720; gest. Klagenfurt, 16. 1. 1789), ab 1773 Protomedicus von Ktn. und San.referent der Landesstelle sowie ab 1781 Leibarzt von Erzhgn. Maria Anna, und der Maria Anna Edle v. V., geb. Egger (geb. 3. 1. 1752; gest. 15. 12. 1831), Halbbruder von →Joseph Felix Edler v. V., Vater des Pharmazeuten Lorenz Julius Edler v. V. (geb. 17. 5. 1805; gest. 30. 1. 1868) sowie der Mediziner →Julius Octav Ritter v. V., Octav Edler v. V. (geb. 1. 12. 1807; gest. 14. 10. 1861) und Johann Baptist Maximilian Edler v. V. (geb. 15. 2. 1814; gest. 9. 10. 1833); ab 1804 verheiratet mit Juliana Edle v. V., geb. v. Fradeneck (geb. 10. 2. 1784; gest. 10. 4. 1858). – V. besuchte zunächst das Gymn. in Klagenfurt, erhielt jedoch einen Stiftungsplatz am Collegium Rupertinum in Salzburg und wechselte Ende 1787 an das dortige Gymn. 1793–95 stud. er Phil. am Lyzeum in Klagenfurt und begann danach ein Med.stud. in Wien. 1797 ging er an die Univ. Freiburg im Breisgau; 1798 Dr. med. Bei seiner Rückkehr nach Wien wurde V. aufgrund seiner liberalen und revolutionären Gesinnung sowie einiger Gelegenheitsged. verhaftet und strafweise lebenslängl. als Soldat zum Linien-IR Nr. 26 in Ktn. abgestellt. In dieser Funktion machte er 1799 die Schlacht bei Magnano und die Belagerung von Mantua mit, gelangte krank nach Venedig und wurde 1800 durch K. →Franz II. (I.) begnadigt. Ab dem Sommer desselben Jahres als prakt. Arzt in Klagenfurt tätig, machte sich V. dort v. a. als Augenarzt einen Namen. 1800 Mag. chir. und Mag. obstet. des med.-chirurg. Lyzeums in Klagenfurt, wurde er 1804 zum Prof. der theoret. und prakt. Med. berufen und unterrichtete Physiol., Pathol., Arzneimittellehre und spezielle Therapie bis zu seiner Berufung Ende 1811 als Prof. an die neu errichtete Lehrkanzel der Botanik und Chemie am Joanneum in Graz. Zunächst mit der Einrichtung des botan. Gartens und des chem. Laboratoriums betraut, erweiterte V. in Graz die naturhist. Smlgg. durch eigene Bestände und Vermittlung der bedeutenden Smlg. von →Franz Joh. Nep. Gf. v. Egger wesentl. 1829 mit der prov. Verwaltung des Protomedikats in der Stmk. beauftragt, wurde V. im Herbst zum Gubernialrat und Protomedicus in Stmk. ernannt und seiner Professur am Joanneum enthoben. Als Protomedicus leitete V. das gesamte San.wesen des Landes und fungierte als Stud.dir. der med.-chirurg. Lehranstalt in Graz. 1833/34 wurde er Rektor der Univ. Graz. Neben zahlreichen kleineren Aufsätzen zu Med. und Botanik, u. a. in den „Medicinischen Jahrbüchern des k. k. österreichischen Staates“ legte V. 1805 sein „Manuale botanicum“ vor, in dem er nach einem vereinfachten Linné’schen Sexualsystem die damals bekannten Blütenpflanzen Mitteleuropas auflistete. In seiner „Anleitung zum gründlichen Studium der Botanik“ (1818) gab er eine Übersicht über naturhist. (meist künstl.) Klassifikationssysteme und führte ein neues natürl. System ein, nach dem auch die Pflanzen des botan. Gartens am Joanneum gruppiert wurden. Mit einigen Gelegenheitsged., Elegien und Sonetten betätigte er sich zudem literar. V. war u. a. ab 1803 Ehrenmitgl. der Regensburg. Botan. Ges., ab 1806 Mitgl. der Landwirtschaftsges. in Ktn., ab 1819 der Landwirtschaftsges. in Stmk., ab 1827 k. M. der Landwirtschaftsges. in Wien und 1828 der Landwirtschaftsges. von Görz sowie ab 1838 k. M. der Ges. der Ärzte in Wien; Dr. h. c. der Univ. Pest. 1814 erfolgte die Verleihung der Landsmannschaft im Ritterstand des Hg.tums Ktn. (mit Sitz und Stimme im LT), 1817 erhielt V. die große goldene Verdienstmedaille mit Öhr und Schleife. Ihm zu Ehren wurde 1809 eine Gattung der Nachtschattengewächse Vestia und 1877 eine Brombeere Rubus vestii benannt.

Weitere W.: s. Wurzbach; Macher.
L.: WZ, 19. 11. 1829; ADB; Hirsch; Osebnosti; Poggendorff 1–2; Stafleu; Wurzbach (m. W.); Carinthia 30, 1840, S. 197; A. v. Muchar, ebd., S. 205ff.; Flora 24, 1841, S. 95f.; M. Macher, in: Jahresber. des Ver. der Aerzte in Stmk. 4, 1867, S. 17ff. (m. W.); J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 3, 1965; E. Simandl – W. List, in: Hist. Jb. der Stadt Graz 10, 1979, S. 118f. (m. B.); H. H. Egglmaier, Das med.-chirurg. Stud. in Graz, 1980, s. Reg.; D. Binder, Das Joanneum in Graz, 1983, s. Reg.; A. Kreuzer, Kärntner. Biograph. Skizzen, 15.–20. Jh., 1998, S. 50f.; R. Rosner, Chemie in Österr. 1740–1914, 2004, S. 64; A. Ehrlich, Ärzte, Bader, Scharlatane, 2007, S. 196; UA, Wien; Pfarre zum Hl. Blut, Dompfarre, beide Graz, Stmk.; Pfarre Klagenfurt-St. Egid, Ktn.
(M. Svojtka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 254f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>