Vierthaler, Franz Michael (1758–1827), Pädagoge

Vierthaler Franz Michael, Pädagoge. Geb. Mauerkirchen, Bayern (OÖ), 25. 9. 1758; gest. Wien, 3. 10. 1827; röm.-kath. Sohn des Maurermeisters und Stukkateurs Jacob Michael V. (1720–1778) und der Maria Anna V., geb. Benner (Penner), Onkel von August V. (s. u.), Bruder des Domdechanten und Pfarrers von Linz Josef V., Onkel von →(Joseph) August V.; ab 1802 verheiratet mit Josefa V., geb. v. Kleinmayrn (geb. 7. 7. 1765; gest. 2. 6. 1842), Tochter des Staatsmanns Johann v. Kleinmayrn. – Nach Besuch diverser Gymn. in Sbg. absolv. V. ab 1775 den phil. Einführungsunterricht an der Univ. Salzburg und hörte ab 1777 philolog. und jurid. Vorlesungen. Bereits während des Stud. arbeitete er als Hauslehrer und setzte diese Tätigkeit auch später fort. 1783–87 war V. als 2. Instruktor am Collegium Virgilianum tätig. In dieser Position schrieb er sein erstes Schulbuch „Compendium der Weltgeschichte“. Ab 1787 betätigte er sich als Historiker mit seinem Werk „Philosophische Geschichte der Völker und Menschen“ (7 Bde., 1787–1819), das ihn überregional bekannt machte. In weiterer Folge wurde V. in Salzburg die zentrale Figur bei der Reformierung des Schulwesens nach aufklärer. Prinzipien. 1790 wurde er mit der Dion. des neu errichteten Lehrerseminars betraut. In dieser Funktion, die er bis 1803 ausübte, schuf er eine einjährige theoret. und prakt. Ausbildung, die erstmals auf die Etablierung eines eigenen Berufsstands abzielte. 1791/92 hielt er zudem Vorlesungen im Priesterseminar, 1792–99 las er an der Univ. Salzburg. Seine beiden pädagog. Hauptwerke, „Elemente der Methodik und Pädagogik“ (1791) und „Entwurf der Schulerziehungskunde“ (1794), spiegeln seine Vorlesungstätigkeit wider und kamen auch im Lehrerseminar zum Einsatz. Ab 1796 übernahm er die Mitaufsicht über die landesfürstl. Hofbibl. 1803 wurde V. zum Landesschuldir. sowie zum Dir. der Waisenhäuser in Salzburg ernannt, 1806 erfolgte die Bestellung zum Dir. des Waisenhauses in Wien als Nachfolger von Obst. Gallus v. André. Unter seiner bis 1827 dauernden Leitung in Wien kam es zum Ausbau der Anstalt und zu grundlegenden organisator. Veränderungen: V. wandelte die Trivialschule in eine Hauptschule um und stellte geeignetes Lehrpersonal ein. Bis dahin waren ausschließl. Militärangehörige für den Unterricht und die Erziehung zuständig gewesen. Zudem verbesserte er die hygien. Bedingungen und die med. Versorgung der Waisenkinder. Darüber hinaus war V. Teil des intellektuellen Lebens in Wien. Als Freund der Schriftstellerin →Karoline Pichler verkehrte er u. a. mit →Franz Schubert, →Franz Grillparzer, →Ferdinand Raimund und Clemens v. Brentano. Neben seiner vielfältigen publizist. Tätigkeit, u. a. als Reiseschriftsteller, fungierte V. ab 1800 zwei Jahre lang als Schriftleiter der „Literaturzeitung“ von Salzburg sowie 1800–06 als Hrsg. der „Staatszeitung von Salzburg“; 1809 k. k. Rat, 1818 nö. Reg.Rat.

Weitere W. (s. auch Wurzbach; Beranek): Lehr- und Lesebuch für Mädchen, 1826.
L.: ADB; Krackowizer; Wurzbach (m. W.); J.-J. Hochmuth, Biograph. Denkmahl, dem F. M. V. errichtet von einem seiner Verehrer, 1830; Biographien österr. Schulmänner, ed. F. Frisch, 1897, S. 56ff.; F. M. V. FS zum 200. Geburtstag …, ed. M. Laireiter, 1958; W. Beranek, Die psycholog. und bildungstheoret. Grundlagen der Didaktik V.s, phil. Diss. Wien, 1970 (m. W.); M. Brandl, Die dt. kath. Theologen der Neuzeit 2, 1978; H. Alzheimer-Haller, Hdb. zur narrativen Volksaufklärung, 2004; W. Brezinka, Pädagogik in Österr. 3, 2008, s. Reg.
(J. Pircher)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 274f.
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