Viková-Kunětická, Božena (1862–1934), Politikerin, Schriftstellerin und Schauspielerin

Viková-Kunětická Božena, Politikerin, Schriftstellerin und Schauspielerin. Geb. Pardubitz, Böhmen (Pardubice, CZ), 30. 7. 1862; gest. Libočany, Tschechoslowakei (CZ), 18. 3. 1934. Tochter eines Getreidehändlers. – Nach einer schauspieler. Ausbildung zu Beginn der 1880er-Jahre bei →Otýlie Sklenářová-Malá trat V. kurz am Prager Interimstheater auf. Ab der 2. Hälfte der 1880er-Jahre war sie zunehmend literar. tätig und verf. zahlreiche Novellen, Romane, Feuilletons, Dramen etc. In ihrer frühen Prosa dominieren Fragen der Frauenemanzipation, etwa die gesellschaftl. Stellung von Witwen, ledigen Müttern und unehel. Kindern („Medřická“, 1897). Nach 1900 verlagerte sich ihr literar. Interesse auf Aspekte der dt.-tschech. Beziehungen in Böhmen, bes. auf die Lage der tschech. Minderheit in Nordböhmen („Dobytí severu“, 1912), aber auch auf Fragen des Spiritismus („Věřím“, 1908). In polit. Hinsicht wirkte V. ab 1900 in der Wahlrechtsbewegung und war 1903 Mitbegründerin der Liga für das allg. gleiche Wahlrecht (Liga pro všeobecné rovné hlasovací právo). Durch ihre öff. Kritik an den damals führenden Jungtschechen trug sie 1909 innerhalb der Partei wesentl. zur Gründung einer Frauenorganisation bei und wurde sogar in deren Vorstand sowie zum Mitgl. des Exekutivausschusses der Partei gewählt. In einer Ersatzwahl 1912 gelang ihr der Einzug in den böhm. LT – was sie zur ersten weibl. LT-Abg. der Monarchie machte –, wenngleich ihr Statthalter →Franz Fürst v. Thun u. Hohenstein die Bestätigung versagte. Die große, auch internationale Popularität, die ihr die Wahl eingebracht hatte, nahm angesichts ihrer tschech.-nationalen, tw. chauvinist. Anschauungen sowie ihrer antifeminist. Stellungnahmen und Plädoyers für traditionelle Familien- und Ehewerte rasch ab. 1918–20 war V. kooptiertes Mitgl. der tschechoslowak. Revolutionären Nationalversmlg., ebenfalls ab 1918 Mitgl. der Partei der tschech. staatsrechtl. Demokratie und später der Nationaldemokrat. Partei, beides Nachfolgeorganisationen der ehemaligen Jungtschechen. 1927 wurde sie gem. mit Eliška Krásnohorská als erste Frau zum Mitgl. der Česká akad. věd a umění gewählt.

Weitere W.: Povídky, 1887; V bludišti, 1890; Dál!, 1912.
L.: LČL; Český biografický slovník XX. století 3, 1999; L. Velek, in: Österr. Z. für Geschichtswiss. 26, 2015, S. 41ff.; Česká činohra 19. a začátku 20. století 2, red. E. Šormová, 2015 (m. B.).
(L. Velek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 278f.
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