Vinařický (Vinaricky, Winarzicky, Winarzitzky), Karel (Karl) Alois; Ps. K. V. Slánský (1803–1869), Schriftsteller, Übersetzer, Priester und Pädagoge

Vinařický (Vinaricky, Winarzicky, Winarzitzky) Karel (Karl) Alois, Ps. K. V. Slánský, Schriftsteller, Übersetzer, Priester und Pädagoge. Geb. Schlan, Böhmen (Slaný, CZ), 24. 1. 1803; gest. Wyschehrad, Böhmen (Praha, CZ), 3. 2. 1869; röm.-kath. Sohn des Schusters und Amateurmusikers Joseph V. – Nach dem Besuch des Gymn. 1813–18 absolv. V. 1818–20 die phil. Jgg. in Prag (u. a. bei →Bernhard Bolzano) und hörte 1820/21 Vorlesungen aus Phil. in Wien. Danach stud. er Theol. an der Prager Univ. (1825 Priesterweihe), war gleichzeitig Privaterzieher und später Katechet der gräfl. Familie Schlik in Kopidlno. Sein Förderer, Erzbischof →Wenzel Leopold v. Chlumczanský, ernannte ihn 1826 zum fürsterzbischöfl. Zeremoniär, 1829–33 war V. auch erzbischöfl. Sekr. 1833–49 wirkte er als Pfarrer in Kowan, ab 1846 als Dechant. In seinen frühen Jahren stand V. in regem Kontakt mit zahlreichen Repräsentanten des Adels und der Kirche in den böhm. Ländern sowie der tschech. nationalen Bewegung (v. a mit →František Lad. Čelakovský; ihr umfangreicher Briefwechsel erschien 1903–25 in 4 Bde.). V. unterstützte viele patriot. Ges. (u. a. Mitbegründer der Matice česká) und war engagierter Fürsprecher in der Sprachenfrage in Schulen. Er initiierte die erste tschech.sprachige theol. Z. „Časopis pro katolické duchovenstvo“ bzw. „Časopis katolického duchovenstva“ (1828ff.), deren Red. er 1860–68 übernahm. V. veröff. mit Sprachgefühl und Sinn für die klassizist. Form Allegorien, didakt. und Gelegenheitsged., die programmat. die konservative kath.-patriarchal. Haltung propagierten. Vorwiegend verf. er Kinderliteratur, mehrere seiner Ged. und Kinderreime sind bis heute populär. Für die Etablierung des Tschech. als Schriftsprache sind seine Übers. aus dem Dt. (u. a. Werke von →Johann Ladislaus Pyrker v. Felső-Eőr), Latein. (Horaz, Tacitus, Vergil) bzw. Slowak. (→Ján Hollý) sowie Briefe und Ged. des böhm. Humanisten Bohuslaus Lobkowicz v. Hassenstein von Bedeutung. V. schrieb weiters Artikel über tschech. Literatur, Rezensionen sowie wiss. Abhh., auch für ausländ. Publ., z. B. für den Almanach des französ. Arztes in Karlsbad Jean de Carro (→Johann v. Carro), „Almanach de Carlsbad ou mélanges médicaux, scientifiques et littéraires relatifs à ces thermes et au pays“ (1831ff.). Seine Forschungen zur vergleichenden Philol. und zur böhm. Geschichte gelten allerdings als dilettant. Hoch angesehen, wirkte V. als Vermittler zwischen den Aufständ. und Alfred I. Fürst Windisch-Graetz bzw. →Leo Gf. v. Thun u. Hohenstein nach dem Pfingstaufstand 1848 und war als Abg. des RT in Wien und Kremsier tätig. Im Jänner 1849 wurde er als Dechant nach Moldauthein berufen, bekleidete die Ämter des Bez.vikärs und Budweiser Konsistorialrats (seine nationale Agitation behinderte seine weitere Karriere) und war danach innerhalb der Kirche und v. a. pädagog. tätig (Mitarb. an Lesebüchern und Fibeln für Schulen mit tschech.sprachigem Unterricht). 1859 wurde er zum Domherrn am Kgl. Kollegiatkapitel der Hll. Peter und Paul auf dem Wyschehrad gewählt, 1868 erfolgte seine Ernennung zum Ehrenkonsistorialrat der Prager Erzdiözese. Seine Stellung innerhalb der tschech. Ges. der Verfassungsära wurde durch einige umstrittene Aussagen (z. B. innerhalb der Polemik um die Rückkehr der Jesuiten in der jungtschech. Presse) geschwächt. V. wirkte im wiss. Umfeld (1859 ao. Mitgl. der kgl. böhm. Ges. der Wiss.), war Vorstand des tschech. theol. Verlags Dědictví svatého Prokopa, 1863–67 Mitgl. des böhm. Landesschulrats und erwarb sich durch die Gründung mehrerer Prager Schulen Verdienste.

Weitere W. (s. auch J. Šafránek, in: K. A. V. Korespondence a spisy pamětní 4, 1925, S. 137ff.): K. A. V. Sebrané spisy veršem i prózou, 2 Bde., ed. V. O. Slavík, 1871–75. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Bohemia, Národní listy, 4., Die Presse, Moravská orlice, Neues Fremden-Bl., 5. 2. 1869; Adlgasser; LČL; MSN; Otto; Rieger; Wurzbach; Blahověst 19, 1869, S. 59f.; J. Vlček, in: Světozor 30, 1895/96, S. 327ff.; J. Šafránek, in: Časopis katolického duchovenstva 63, 1922, S. 77ff., 64, 1923, S. 75ff., 65, 1924, S. 23ff., 66, 1925, S. 26ff., 67, 1926, S. 113ff., 68, 1927, S. 14ff., 69, 1928, S. 147ff., 70, 1929, S. 174ff., 71, 1930, S. 161ff.; K. Svoboda, Antika a česká vzdělanost od obrození do první války světové, 1957, s. Reg.; K. Nejdl – J. Miessler, J. de Carro a jeho Karlovy Vary, 1958, s. Reg.; E. Strnad, Didaktika školy národní v 19. století, 1975, S. 228ff.; O. Koupil, in: Mezinárodní vědecká konference na paměť 50. výročí úmrtí … O. Vaňorného, 1997, S. 129ff.; M. C. Putna, Česká katolická literatura v evropském kontextu 1848–1918, 1997, s. Reg.; J. Kořalka, in: Modernismus – historie nebo výzva?, ed. Zd. Kučera, 2002, S. 23ff.; O. Podavka, in: Listy filologické 134, 2011, S. 95ff.; M. Slámová, Kněz, který viděl do lidských srdcí, 2015 (m. B.); UA, Wien.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 284f.
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