Vinzl, Josef (Karl) (1867–1947), Kaufmann, Funktionär und Abgeordneter

Vinzl Josef (Karl), Kaufmann, Funktionär und Abgeordneter. Geb. Wien, 20. 10. 1867; gest. ebd., 10. 5. 1947; röm.-kath. Sohn des Großkaufmanns Josef V. (geb. 1830 oder 1831; gest. Ysper, NÖ, 15. 10. 1926), ab 1890 Dir. der Ersten österr. Spar-Casse und Zensor der Österr.-ung. Bank, und der Theresia V., geb. Gröbner, Schwager des Präs. der Wr. Notariatskammer Carl Haberda (gest. 25. 6. 1933); ab 1895 verheiratet mit Paula V., geb. Friedmann (geb. Wien, 14. 12. 1869), Tochter des Handelsmanns Theodor Alfred Friedmann und der Elisabeth Friedmann. – V. absolv. die Handelsakad. und war danach im Ausland, v. a. in England, tätig. Nach dem Einjährig-Freiwilligen-Jahr 1888/89 trat er in die Fa. seines Vaters, die 1860 gegr. Wr. Specerei- und Colonialwaarenhandlung J. Vinzl, ein und wurde 1892 handelsgerichtl. als Prokurist der Hauptniederlassung und der seit 1891 bestehenden Zweigniederlassung in Triest eingetragen. Die Fa. J. Vinzl wurde 1949 aus dem Handelsreg. gelöscht. V. entwickelte sich zu einer bedeutenden Persönlichkeit im Wr. Wirtschaftsleben und hatte zahlreiche Funktionen inne: 1903 Gremialrat der Wr. Kaufmannschaft, 1908 HK-Rat und Gremialrepräsentant sowie Wechsel-Censor der Ersten österr. Spar-Casse, 1909 Mitgl. des Creditteilnehmer-Comités der Nö. Escompte-Ges., Geschäftsführer der Vereinigten Wr. Kaffeerösterei Ges.m.b.H. sowie 1910 Dion.mitgl., 1922 Dir., 1923 Oberkuratorstellv. und 1924 Oberkurator der Ersten österr. Spar-Casse (1941 Rücktritt, danach Vorstandsmitgl.). Außerdem wurde er Vizepräs. des Gremiums der Wr. Kaufmannschaft sowie Vizepräs. der HK (Handelssektion) und fungierte als Laienrichter des Handelsgerichts in Wien; 1912 Präs. des Wr. kaufmänn. Ver., 1926 Präs. des Hauptverbands der österr. Kaufmannschaft. Nach der Fusion der Credit-Anstalt mit der Boden-Credit zur Boden-Credit-Anstalt 1929 wurde KR V. in den Verw.R. kooptiert, legte diese Funktion jedoch 1931 auf Grund des Inkompatibilitätsgesetzes zurück. 1930–34 fungierte er als Nationalratsabg. des Nationalen Wirtschaftsblocks und legte im August 1932 sein Mandat im Zusammenhang mit dem Lausanner Anleihevertrag zurück, der mit knapper Mehrheit vom Nationalrat beschlossen worden war. Als Vertreter der Wr. Kaufmannschaft in der Großdt. Partei hatte er für den Misstrauensantrag gegen die Regierung Dollfuß gestimmt. Der Bundesrat erhob i. d. F. Einspruch und die Abstimmung musste wiederholt werden. V. widerrief seine Mandatszurücklegung, was zu einer heftig geführten Debatte über die Rechtsgültigkeit seiner Widerrufung führte, die die Hauptwahlbehörde anerkannte. Ab Jänner 1933 trat V. ohne Klubzugehörigkeit auf; 1934 erlosch sein Mandat. V. übte zahlreiche weitere Funktionen aus: Vizepräs. des Börse-Schiedsrichterkollegiums der Warensektion, Verw.R. der Bank- und Wechselstuben-AG Mercur (Mercurbank) sowie der Agrumaria Import-AG, Vizepräs. der Hochschule für Welthandel und während des Ständestaats Mitgl. des Verw.R. der Wr. Messe. Anlässl. des Baus des Krankenhauses der Wr. Kaufmannschaft wurde k. Rat V. 1911 mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgez.

L.: WZ, 3. 4. 1892, 3. 6., 19. 11. 1913, 29. 5. 1922, 26. 6. 1924, 19. 7. 1931, 24. 8. 1932, 27. 6. 1933; NFP, 23. 6. 1914; RP, 24. 10. 1926, 16. 12. 1927, 11., 15. 11. 1929, 18. 7. 1931; Wr. Neueste Nachrichten, 17. 3. 1941; Jb. der Wr. Ges.; Website Republik Österr. Parlament, Wer ist Wer (m. B., Zugriff 16. 8. 2016); Zedhia, Zentraleurop. digitales wirtschafts- und ges.hist. interaktives Archiv (online, Zugriff 19. 1. 2017); Wirtschaftskammer Wien, Präsidialabt. / Dokumentenservice, Wirtschaftskammer Österr.-Archiv, Unternehmensgeschichtl. Smlg., WStLA, alle Wien.
(I. Nawrocka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 288f.
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