Vittinghoff (Vittinghoff-Schell), Maximilian Frh. von; genannt Schell zu Schellenberg (1854–1926), Funktionär und Großgrundbesitzer

Vittinghoff (Vittinghoff-Schell) Maximilian Frh. von, genannt Schell zu Schellenberg, Funktionär und Großgrundbesitzer. Geb. Schloss Budischkowitz, Böhmen (Zámek Budíškovice, CZ), 7. 7. 1854; gest. Wien, 29. 10. 1926 (begraben: Alland, NÖ); röm.-kath. Sohn des Kürassieroff. und Gutsbesitzers August Frh. v. V. (geb. Düsseldorf, Preußen/D, 18. 1. 1822; gest. Wien, 28. 4. 1891) und der Sternkreuzordensdame Therese Freifrau v. V., geb. Gfn. Wallis (geb. 10. 11. 1824; gest. Glashütten/Alland, NÖ, 2. 11. 1867); in 1. Ehe verheiratet mit der Sternkreuzordensdame Marie Freifrau v. V., geb. Gfn. Belcredi (geb. Znaim, Mähren / Znojmo, CZ, 6. 5. 1858; gest. Bordighera, I, 22. 1. 1912), Tochter von →Richard Gf. Belcredi, in 2. Ehe mit der Sternkreuzordensdame (ab 1915) Ida Freifrau v. V., geb. Gfn. Kielmansegg (geb. Olmütz, Mähren / Olomouc, CZ, 19. 8. 1877; gest. Baden, NÖ, 22. 2. 1971), Tochter des k. u. k. FML Oswald Gf. Kielmansegg (geb. Herrenhausen, Kg.reich Hannover / Hannover, D, 17. 7. 1838; gest. in der Schrattenau/ Scharnstein, OÖ, 24. 9. 1896). – V. absolv. 1874 das Jesuitengymn. in Kalksburg bei Wien. Nach einem Aufenthalt in England begann er im Herbst 1875 das Stud. an der rechtswiss. Fak. der Univ. Wien, wo er Kontakt zum „Männerapostel“ P. →Heinrich Abel fand, der einen Kreis von Kalksburg-Absolventen um sich scharte. In diesem wurde die Idee zur Gründung des Kath.-geselligen Studentenver. der Wr. Hochschulen geboren, die 1876 erfolgte und zu dessen erstem Präses V. gewählt wurde. Aus diesem Ver. ging später die CV-Verbindung Austria hervor. Nach seinem Einjährig-Freiwilligen-Jahr 1877/78 beim Brünner Dragonerrgt. Nr. 6 unternahm er mit Freunden eine einjährige Pilger- und Jagdreise nach Ägypten und Palästina. Als 1891 V.s Vater starb, übernahm er die Verwaltung des Guts in Glashütten. Bereits in seinen Jugendjahren engagierte sich V. beim Aufbau des kath. Organisationswesens in Österr. und gehörte dabei zu den führenden frühen Gestalten des Verbands- und des polit. Katholizismus. 1886 wurde er Obmann des patriot. kath. Volksver. für Wien und 1903 Obmann des Wr. Diözesankomitees der nichtpolit. Katholikenorganisation, des sog. Aktionskomitees. Dieses war der erste Versuch, die zahlreichen kath. Vereinigungen zu koordinieren, und hatte sein Vorbild im Zentralkomitee der dt. Katholiken. V. war auch mit den österr. Katholikentagen eng verbunden. So war er u. a. einer der Katholikentags-Koär., denen die Organisation oblag. Daneben setzte sich V. für die kath. Presse ein. Durch seine Initiative entstand u. a. die „Reichspost“, das inoffizielle Organ der Christl.sozialen Partei. V. engagierte sich außerdem im polit. Katholizismus. Schon in jungen Jahren war er Obmann der engeren Parteileitung der Kath.-Konservativen Partei NÖ, wandte sich aber später dem christl.sozialen Gedankengut zu. Allerdings bekleidete V. kein polit. Amt. Bereits 1899 zum Präs. des Verbands kath. Schriftsteller Österr. gewählt, war V. Mitgl. bzw. Funktionär zahlreicher weiterer kath. Ver. in Wien und NÖ und engagierte sich auch in vielen Wohltätigkeitsorganisationen. So initiierte er 1903 als Dachverband den Reichsverband der kath. Wohltätigkeits-Organisationen Österr., einer Vorform des Caritasverbands, dessen Präs. er bis 1914 war. V. galt seinem Biographen →Josef Leb zufolge durch mehr als drei Jahrzehnte als der unbestrittene Führer der Katholiken Wiens.

L.: RP, 31. 10., 3. 11. 1926; J. Leb, in: Academia 39, 1926/27, S. 202; ders., M. Frh. v. V., 1927; G. Hartmann, Der CV in Österr., 2011, S. 313; Biograph. Lex. des Österr. Cartellverbands (nur online, Zugriff 27. 4. 2016); Státní oblastní archiv v Třeboni, Třeboň, CZ.
(G. Hartmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 300f.
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