Vogl Johann Michael, Sänger. Geb. Ennsdorf (Steyr, OÖ), 10. 8. 1768; gest. Wien, 20. 11. 1840 (Ehrengrab: Matzleinsdorfer kath. Friedhof); röm.-kath. Sohn des Schiffschreibers und Fürkäufers Johann Michael V. und der Clara V., geb. Pauriedl; ab 1826 mit Kunigunde V., geb. Rosa, Tochter des Kustos der Bildergalerie im Wr. Belvedere, verheiratet. – Der früh verwaiste V. wuchs bei einem Onkel auf. Als seine musikal. Begabung entdeckt wurde, erhielt er zwei Jahre Musikunterricht und wurde anschließend besoldeter Sopransänger im Chor der Pfarrkirche von Steyr. Ab 1781 besuchte er das Stiftsgymn. Kremsmünster, wo er zugleich Sängerknabe war und in Klosterauff. von Werken seines Mitschülers Franz Xaver Süßmayr neben dem gesangl. auch darsteller. Talent bewies. Zusammen gingen beide 1785 nach Wien. Dort wurde V. 1788 an der Univ. als Hörer der Rechte immatrikuliert und stud. nachweisl. zumindest ein Jahr. Er soll zudem ein Praktikum beim Stadtmagistrat absolv. haben. Auf Fürsprache Süßmayrs, nunmehr 2. Kapellmeister der Wr. Hofoper, wurde V. 1794 an das Kärntnertortheater engag. und für die dt. Oper verpflichtet. Dass er schon zu Beginn in kleineren Partien in italien. Opern verwendet wurde, brachte ihn in Kontakt zu dem Kastraten Girolamo Crescentini, dessen Gesangstechnik er stud. Eine maßgebl. Rolle spielte V. i. d. F. jedoch für die Entwicklung der dt. Oper in Wien. Er wirkte an zahlreichen Urauff. bzw. Wr. Erstauff. von Werken Joseph Weigls, Peter v. Winters u. a. mit. Zu den herausragendsten Partien des „Tenorbaritons“ mit außergewöhnl. großem Stimmumfang zählten u. a. die des Orest in Glucks „Iphigenie auf Tauris“ sowie die des Jacob Friburg in Weigls „Schweizer Familie“, jeweils als Partner von →Anna Milder-Hauptmann. Hochgeschätzt wurde er ferner als Gf. Almaviva in Mozarts „Figaros Hochzeit“, als Jakob in Méhuls „Joseph und seine Brüder“, als Gf. Dunois in „Agnes Sorel“ sowie als Rgt.arzt Berg in „Der Augenarzt“, beide von →Adalbert Gyrowetz. Von großer Wandlungsfähigkeit zeugt u. a. seine leidenschaftl. Darstellung des Mexikaners Telasco in Spontinis „Ferdinand Cortez“. V. verstand es dabei, selbst kleine Rollen eindringl. zu gestalten. Viele Kritiker lobten seine Leistungen als meisterhaft und betonten die gelungene Einheit von vollendetem Gesang, Ausdruck und Schauspiel. Seine Darbietungen veranlassten u. a. →Ignaz Franz Castelli, ihm Ged. zu widmen. Daneben war V. auch als Regisseur tätig. Er hatte Anteil am Zustandekommen der neuerl. Umarbeitung des „Fidelio“ und verkörperte in der 1814 uraufgef. Letztfassung unter →Ludwig van Beethoven den Pizarro. 1822 verließ er die Hofoper (rückwirkende Pensionierung ab Dezember 1821), erlangte nach Ende seiner Bühnenkarriere aber Bedeutung als Wegbereiter der Lieder →Franz Schuberts. Wohl auf Vermittlung von →Franz v. Schober war es 1817 zur ersten Begegnung mit dem um vieles jüngeren Komponisten gekommen. Nach anfängl. Skepsis wurde V. Schuberts Förderer, vermittelte ihm gesellschaftl. Kontakte und beriet ihn bei der Textwahl wie auch hinsichtl. des gesangl. Vortrags. Gem. Reisen führten sie 1819, 1823 und 1825 nach OÖ und Sbg. V. arrangierte die Auff. von Schuberts Singspiel „Die Zwillingsbrüder“ am Kärntnertortheater 1820 und sang dort im Jahr darauf erstmals den „Erlkönig“, womit er dem Werk zum Durchbruch verhalf. Im Rahmen von Schubertiaden interpretierte V. Schuberts Liedschaffen, wobei ihn der Komponist auf dem Klavier begleitete. 1828 wirkte V. am einzigen öff. Konzert Schuberts mit, und noch als über 70-Jähriger sang er, in privatem Kreis, die „Winterreise“. Seine erhaltenen verzierten Versionen von Schubertliedern stellen einen wichtigen Beitr. für das Verständnis der Aufführungspraxis im frühen 19. Jh. dar. Der Komponist widmete ihm u. a. die Kantate D 666. V.s eigene Kompositionen umfassen drei Messen und ein Offertorium, im Druck erschienen sind 15 Lieder. Der hochgebildete V. schätzte antike Literatur und beschäftigte sich mit phil. und religiösen Texten. Er war Ehrenmitgl. der Ges. der Musikfreunde in Wien und des Linzer Musikver. Zu seinen Schülerinnen zählte u. a. →Caroline Unger-Sabatier.