Vogt, Theodor (1835–1906), Pädagoge

Vogt Theodor, Pädagoge. Geb. Schirgiswalde, Sachsen (Schirgiswalde-Kirschau, D), 25. 12. 1835; gest. Wien, 10. 11. 1906; röm.-kath. Sohn eines Landarbeiters; ab 1871 verheiratet. – Aufgrund seines musikal. Talents kam V. 1848 an das Kapellknaben-Inst. in Dresden, wo er das kath. Progymn. besuchte. 1850 begann er in Prag seine Gymn.stud., die er ab 1855 privat fortsetzte und abschloss. 1857–62 stud. V. klass. Philol. und Phil. in Wien und wurde insbes. von →Franz Lott und Robert Zimmermann geprägt. Zunächst als Hauslehrer tätig, suchte er 1864 mit der Schrift „Platons Pädagogik in ihren Hauptpunkten“ um die monarchieweit erste Habil. im Fach Pädagogik an, die 1865 erfolgte. 1868 wurde die Dozentur auf Phil. erweitert. Nachdem der ministerielle Beschluss zur Einrichtung von Univ.seminaren für die Lehrerbildung gefasst worden war, ernannte man V. 1871 zum ao. Prof. für Pädagogik. 1877 wurde das Pädagog. Seminar in die Univ.strukturen implementiert, die inhaltl. Ausgestaltung oblag V.; 1898 o. Prof. In der universitären Lehre blieb V. bis zu seinem Tod aktiv und las sowohl über Phil. als auch über Pädagogik, wobei zahlenmäßig Ersteres überwog. Da Pädagogik noch kein eigenständiges Stud. an der Univ. war und einzig der Ausbildung von Mittelschullehrern diente, kam es unter V. zu keinen einschlägigen pädagog. Qualifikationsarbeiten. Die während seiner Professur erfolgten Habil. entstanden aus Eigeninitiative der jeweiligen Kandidaten. Inhaltl. orientierte sich V. an der Pädagogik von Johann Friedrich Herbart. Er war 1868 Gründungsmitgl. des Ver. für wiss. Pädagogik, einer Vereinigung von Anhängern Herbarts mit Sitz in Leipzig, dem Tuiskon Ziller vorstand. Diesem folgte V. 1882 nach. Im Zuge dessen übernahm er auch bis 1906 die Hrsg. des „Jahrbuchs des Vereins für wissenschaftliche Pädagogik“. V. publ. ausschließl. Artikel in verschiedenen Z. und Hdbb. sowie etwas ausführlichere Broschüren. In diesen beschäftigte er sich mit didakt. Fragen, mit zeitgenöss. Diskussionen um das Gymn., aber vorwiegend mit einer hist. Annäherung an die Pädagogik. Die Hrsg. mehrerer pädagog. Klassiker, von V. eingeleitet und kommentiert, unterstreicht die Dominanz dieses ideengeschichtl. Zugangs. V. zählte zu den Befürwortern einer phil.-normativ argumentierenden Pädagogik, im Gegensatz zu den aufkommenden Vertretern einer empir. Pädagogik, die er stets ablehnte. Seine Aufsätze „Urteile eines Empiristen über die Herbartsche Pädagogik und ihre Fundamente“ (in: Jb. des Ver. für wiss. Pädagogik 36, 1904) und „Bedenkliche Meinungen der Gegenwart“ (ebd. 38, 1906) zählen dahingehend zu seinen wichtigsten pädagog. Schriften. Mit dem Tod von V. endete die Herbartrezeption in der Pädagogik an der Univ. Wien.

Weitere W.: Entwicklung pädagog. Ideen, in: Allg. Schulz. 47, 1870; Die österr. Realgymn., 1873; Das pädagog. Univ.-Seminar in seinem Verhältnis zu den in Preussen und Österr. bestehenden gesetzl. Vorschriften über die Bildung der Lehrer an höheren Schulen, 1884; Über die Allg.gültigkeit der Pädagogik, in: Jb. des Ver. für wiss. Pädagogik 21, 1889. – Ed.: J. J. Rousseau, 1876 (gem. m. E. v. Sallwürk).
L.: NWT, WZ, 11. 11. 1906; Wer ist’s?, 1906; K. Just, in: Z. für Phil. und Pädagogik 14, 1907, S. 139; H. Maier, Die Geschichte des Ver. für wiss. Pädagogik, 1940, S. 1ff.; Th. Mayerhofer, Der Lehrkörper der Phil. Fak. von 1848 bis 1873, phil. Diss. Wien, 1982, S. 298f.; H. Engelbrecht, Geschichte des österr. Bildungswesens, 1986, s. Reg.; W. Brezinka, Pädagogik in Österr. 1, 2000, s. Reg.; UA, Wien.
(J. Pircher)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 329f.
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