Volkmann, (Friedrich) Robert (1815–1883), Komponist und Lehrer

Volkmann (Friedrich) Robert, Komponist und Lehrer. Geb. Lommatzsch, Sachsen (D), 6. 4. 1815; gest. Budapest (H), 29. 10. 1883. Aus einer Musikerfamilie stammend. Sohn von Friedrich August Gotthelf V. (1767–1833), der in Lommatzsch als Kantor und Lehrer tätig war, und dessen Frau Juliana V., geb. Oder. – V. wurde zunächst von seinem Vater unterrichtet. Zusätzl. erhielt er durch den Stadtmusiker Friebel Violin- und Cellounterricht, sodass er als 12-Jähriger nicht nur seinen Vater beim Orgelspiel vertreten, sondern auch bei Streichquartetten mitwirken konnte. Trotz dieser musikal. Begabung wurde V. zunächst für den Lehrerberuf bestimmt und auf das Seminar ins sächs. Freiberg geschickt. Dort erkannte August Ferdinand Anacker sein musikal. Potenzial und überzeugte ihn, sich ganz der Musik zu widmen, weshalb V. 1836 nach Leipzig übersiedelte, wo er von Carl Ferdinand Becker in Theorie und Orgelspiel unterrichtet wurde. Er lernte Robert Schumann kennen und brachte sein erstes gedrucktes Werk, „Phantasiebilder für Pianoforte“ (1839), heraus. Im selben Jahr begann V. in Prag Gesang zu unterrichten, was ihn aber wenig zufriedenstellte. So übersiedelte er 1841 nach Pest, wo er in den folgenden drei Jahren seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer sowie als Korrespondent der „Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung“ verdiente. Nach einer kurzen freiberufl. Schaffensphase trat er 1848 eine Stelle als Chordir. und Organist im israelit. Reformtempel an, die er 1849 wieder aufgab. Anfang der 1850er-Jahre stellten sich v. a. dank des Klaviertrios in b-Moll Erfolge als Komponist ein, wobei →Franz v. Liszt und Hans v. Bülow maßgebl. Anteil an dessen Verbreitung hatten. Ab 1854 lebte V. in Wien, verlegte jedoch 1858 aus finanziellen Gründen seinen Wohnsitz wieder nach Pest. In den 1860er-Jahren entstanden viele seiner bedeutendsten Werke, die ihm auch zu wachsender internationaler Anerkennung verhalfen. Seine wirtschaftl. Situation verbesserte sich ebenfalls, da 1857 →Gustav Heckenast die Rechte an V.s gesamtem Schaffen erwarb. Damit erhielt dieser bis zur Auflösung des Verlags ein vom Verkaufserfolg unabhängiges monatl. Einkommen. Vermutl. 1867 lernte V. →Johannes Brahms kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Sein eigenes Schaffen nahm mit der zunehmenden Bedeutung von Brahms und Wagner jedoch deutl. ab. Im Zusammenhang mit dem musiktheoret. Parteienstreit war V. auf eine neutrale Position bedacht. Anlässl. der Erstauff. seiner 1. Symphonie in Moskau erlebte er 1864 den größten internationalen Triumph als Komponist. 1875 wurde er Prof. für Komposition an der Landesmusikakad. in Budapest und hatte diese Stelle bis zu seinem Tod inne. Zu Lebzeiten V.s wurde sein Schaffen, das u. a. zwei Symphonien, ein Violoncello-Konzert, ein Konzertstück für Klavier und Orchester, Serenaden für Streicher, Musik zu Shakespeares „Richard III.“, zwei Messen, Kammermusik und Klavier-Solo-Werke umfasst, hoch geschätzt, was aus heutiger Sicht noch für die 1850–70 entstandenen Stücke nachzuvollziehen ist. Dazu zählen auch die „Händelvariationen“ (1856). V.s Personalstil vereint formalen Einfallsreichtum, eine komplexe kontrapunkt. durchgearbeitete Satzstruktur sowie häufige chromat. Wendungen und eine tonale Harmonik. V. war Ehrenmitgl. der Ges. der Musikfreunde in Wien sowie 1883 Mitgl. der Kgl. Akad. der Künste zu Berlin.

Weitere W.: s. Wurzbach; Volkmann, 1903, 1915. – Nachlass: Sächs. Landesbibl. – Staats- und Univ.bibl. Dresden, D.
L.: NFP, 30. 10. 1883 (Abendausg.), 26. 4. 1903; Grove, 1980, 2001; MGG II; oeml; Wurzbach (m. W.); B. Vogel, R. V. in seiner Bedeutung als Instrumental- und Vocal-Componist, 1875; Neue Z. für Musik 50, 1883, S. 517, 527; H. Volkmann, R. V., 1903 (m. B. u. W.); H. Volkmann, R. V., 1915 (m. B. u. W.); Th. Schipperges, Serenaden zwischen Beethoven und Reger, 1989, S. 237ff.; C. Krischke, Untersuchungen zu den Streichquartetten von R. V. …, 1996 (m. B.); P. Clive, Brahms and His World, 2006; M. Falke, Die Symphonie zwischen Schumann und Brahms. Stud. zu M. Bruch und R. V., 2006.
(R. Wiesinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 342f.
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