Vološyn (Vološin, Voloshyn, Woloschyn), Avhustyn (Augustin) Ivanovyč (1874–1945), Politiker, Lehrer und Priester

Vološyn (Vološin, Voloshyn, Woloschyn) Avhustyn (Augustin) Ivanovyč, Politiker, Lehrer und Priester. Geb. Kelecsény, Ungarn (Kelečyn, UA), 17. 3. 1874; gest. Moskau, UdSSR (Moskva, RUS), 19. 7. 1945; griech.-kath. Sohn des griech-kath. Priesters Ivan V. und dessen Frau Emilija V., geb. Zambor; verheiratet mit Iryna V., geb. Petryk (gest. 1936). – Nach dem Besuch des Gymn. in Ungvár stud. V. ab 1892 Theol. in Budapest und Ungvár; 1897 Priesterweihe. 1900 absolv. er die pädagog. Hochschule in Budapest (Mathematik und Physik) und war i. d. F. am Lehrerseminar in Ungvár tätig (1917–38 Dir.). Nachdem die Karpatoukraine nach dem 1. Weltkrieg der Tschechoslowakei zugeschlagen worden war, fungierte V. als Mitgl. des fünfköpfigen Direktoriums der Autonomen Subkarpat. Rus’, eines beratenden Organs der Militärverwaltung. 1923–39 war er Vors. der Chrystyjans’ko-narodna partija (Christl. Volkspartei), als deren einziger Abg. er 1925–29 im tschechoslowak. Parlament saß. Im Oktober 1938 wurde V. zum Premierminister der autonomen Regierung der Karpatoukraine ernannt und verfolgte, die Schwäche der Prager Zentralregierung ausnutzend, eine nationalist. Politik, was sich in einer Ukrainisierung der Verwaltung und dem Verbot zahlreicher polit. Parteien ausdrückte. Nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei rief V. Mitte März 1939 eine unabhängige Karpatoukraine mit ihm als Präs. aus, musste aber aufgrund des Einmarschs ung. Truppen bereits am Tag darauf flüchten. Über Rumänien und Jugoslawien gelangte er nach Prag, wo er unter der dt. Besatzung als Prof. an der Freien Ukrain. Univ. unterrichtete. Im Mai 1945 wurde V. in Prag von Agenten des sowjet. militär. Nachrichtendiensts SMERŠ verhaftet und nach Moskau gebracht, wo er kurz darauf im Gefängnis starb. Lange Jahre war V. auch als Publizist und Autor von Lehrbüchern in ukrain. und ung. Sprache tätig, wobei er stets die Zugehörigkeit des transkarpat. slaw. Dialekts zur ukrain. Sprache herausstrich, im Gegensatz zu den in Transkarpatien starken Russophilen, die sich am Russ. orientierten. Zudem red. er 1903–18 die Z. „Nauka“, das einzige ukrain.sprachige Periodikum in Ungarn, das 1920–38 unter dem Titel „Svoboda“ weitergeführt wurde. Auch seine philanthrop. Aktivitäten – so unterhielt der kinderlose V. gem. mit seiner Ehefrau ein privates Waisenhaus – verdienen Beachtung. Im März 2002 wurde V. durch den ukrain. Präs. Leonid Kučma für seine Bemühungen um eine ukrain. Staatlichkeit posthum zum „Helden der Ukraine“ ernannt.

W.: Azbukva uhro-rus’koho i cerkovno-slavjanskoho čtenija, 1906; O pys’mennom jazyke podkarpatskych Rusynov, 1921; Spominy, 1923; Vybrani tvory, 2002.
L.: M. Zymorja u. a., A. V., 1995; Enc. istoriji Ukrajiny 1, 2003 (m. B.); S. D. Fedaka, A. V., 2005.
(M. Kaltenbrunner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 345f.
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