Wagner, Hedda (Hedwig); Ps. Wehwalt (1876–1950), Schriftstellerin, Journalistin und Komponistin

Wagner Hedda (Hedwig), Ps. Wehwalt, Schriftstellerin, Journalistin und Komponistin. Geb. Niedernhart (Linz, OÖ), 21. 1. 1876; gest. Linz (OÖ), 24. 3. 1950; röm.-kath., später buddhist. Tochter des Arztes an der Landesirrenanstalt Niedernhart Karl W. (geb. Uttendorf, OÖ, 22. 7. 1848; gest. 20. 6. 1912) und von Anna Maria W., geb. Bergthaller (geb. Linz, 5. 11. 1848; gest. ebd., 16. 11. 1927). – W. erhielt nach dem Besuch der Bürgerschule Privatunterricht, u. a. in Musik von →Adalbert Schreyer d. J. und Hermann Haböck. Sie war ein großes Sprachentalent und lernte noch in späten Jahren Hebr. und Sanskrit. 1896 absolv. sie in Wien die Staatsprüfung für Klavier, Musiktheorie und Komposition mit Ausz. 1900 veröff. sie die Erz. „Der arme Sünder“ in der Linzer „Tages-Post“. W.s musikal. op. 1, das Klavierlied „Blauschimmernde Tage“, entstand 1902. Sie komponierte über 300 Lieder mit zumeist eigenen Texten, drei Opern („Melisande“, 1935; „Weihnachtsball“, 1940; „Die Höhle des Mithra“, 1941), Soli- und Chorwerke mit Instrumentalbegleitung, A-cappella-Chormusik sowie zahlreiche Klavier- und Kammermusikwerke. Als eine äußerst produktive Lyrikerin veröff. sie ab 1915 Ged. in der „Salzburger Wacht“, der „Arbeiterinnenzeitung“, dem „Tagblatt“ und dem „Böhmerwald-Volksboten“. Ab 1917 war sie Mitgl. der Sozialdemokrat. Arbeiterpartei (SDAP), wurde Schriftführerin des Landesfrauenkomitees und war im Landesbildungs-Ausschuss aktiv. Ab demselben Jahr freie Mitarb. des sozialdemokrat. „Tagblatts“ in Linz, übernahm sie 1922 die Red. der sonntägl. Frauenbeil., wo sie auch publ. „Das Spiel vom letzten Krieg“ ist das erste Werk W.s, mit dem sie als Komponistin vor eine größere Öffentlichkeit trat: 1924 wurde es im Linzer Kolosseum bei der 60. Jubelfeier der Internationalen Arbeiterassoziation aufgeführt. Viele ihrer Lieder und Kammermusikwerke wurden danach bei Veranstaltungen der SDAP und ihr nahestehender Organisationen gesungen und gespielt, wobei sie meist den Klavierpart übernahm und rezitierte. 1928 gab sie „Im Zeichen der roten Nelke“ mit 65 Ged. zu Parteifeiern heraus. 1929–34 Angestellte des „Tagblatts“, war sie danach wieder freie Mitarb. bis zur zwangsweisen Einstellung der Ztg. Ende März 1938. 1912–38 schrieb sie auch für das Wochenbl. „Wahrheit“ und war freie Mitarb. der MS für Parapsychol. „Das neue Licht“. W. wurde 1938 vom Reichsverband der dt. Presse als Mitgl. abgelehnt, was einem Schreibverbot gleichkam, vermutl. wegen ihrer „judenfreundlichen Einstellung“, wie die Gestapo in Linz vermerkte: Zu W.s Freunden gehörten u. a. Anna Wilensky, Kulturred. des „Tagblatts“, deren Tochter Edith, eine moderne Ausdruckstänzerin, der W. einige Werke zueignete, und der Hausarzt von →Adolf Hitlers Eltern Eduard Bloch, dem sie 1935–36 ihre Romantrilogie „David – Liebesroman eines Glücklich-Unglücklichen“ widmete. Während des Kriegs fand sie mit Klavier- und Nachhilfestunden sowie Mieteinnahmen wirtschaftl. das Auslangen und nützte die innere Emigration u. a. für eine umfangreiche Arbeit zu Linzer Straßennamen, die tw. 1943–44 in der „Tagespost“ veröff. wurde. Nach dem Krieg erfuhr sie größere Anerkennung. „Stadt in Flammen. Ein Alt-Linzer Roman“, 1936 verf., erschien als einziger ihrer 15 Romane 1946 in Buchform.

Weitere W.: s. Lettner; Marx – Haas; Roiter, 2004. – Nachlass: Archiv der Stadt Linz, OÖ.
L.: Tagbl., 19. 2. 1929, 25., 27., 29. 3. 1950; Oö. Nachrichten, 25. 3. 1950; H. Ebner u. a., Literatur in Linz, 1991, S. 479ff.; F. Lettner, H. W. – Journalistin, Schriftstellerin, Komponistin, 1996 (m. W.); Ch. Roiter, Freundin der Schöpfung – Leben und Werk der Linzer Sozialdemokratin und Künstlerin H. W., phil. Diss. Linz, 2002; E. Marx – G. Haas, 210 Österr. Komponistinnen …, 2001 (m. B. u. W.); Ch. Roiter, H. W. Komponistin, Dichterin, Frauenrechtlerin, 2004 (m. W.); V. Wagner, Jüd. Leben in Linz 1849–1943, 2, 2008, S. 1396ff.; K. Wagner, in: Klänge der Macht. Nationalsozialist. Musikpolitik in OÖ, 2010, S. 77ff.; G. Hauch, Frauen. Leben. Linz. Eine Frauen- und Geschlechtergeschichte im 19. und 20. Jh., 2013, S. 157ff., 349ff., 353ff. (m. B.); biografiA. Lex. österr. Frauen 3, 2016; Pfarre Linz-St. Matthias, OÖ.
(R. Müller)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 405f.
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