Waitz Sigismund, Fürsterzbischof. Geb. Brixen, Tirol (Brixen/Bressanone, I), 29. 5. 1864; gest. Salzburg (Sbg.), 30. 10. 1941; röm.-kath. Aus einer wohlhabenden Unternehmer- und Kaufmannsfamilie stammend. Sohn des Magistratsrats Carl W. (1825–1899) und seiner Frau Julie W., geb. Gasser (1836–1912), einer Nichte →Vinzenz Gassers, Bruder des Brixner Stadtkomitee-Mitgl. Oswald W. (1860–1915), des im bosn. Travnik als Lehrer wirkenden Friedrich W. SJ (1861–1911) sowie des in Hall tätigen Salinenarztes Ernst W. (geb. 1865; gest. Hall in Tirol, Tirol, 20. 1. 1915). – W. besuchte ab 1874 das Gymn. und Internat der Neustifter Augustiner-Chorherren, wo er 1882 maturierte. Anschließend trat er in das theol. Konvikt in Innsbruck ein, erkrankte jedoch nach zwei Jahren. 1885 nahm er das Stud. im Brixner Priesterseminar und an der dortigen Lehranstalt wieder auf und wurde 1886 von →Simon Aichner zum Priester geweiht. Nach der Primiz wirkte er als Kooperator in Weerberg, Trins und Innichen und fungierte 1891–98 als Red. der „Brixener Chronik“, wobei er mit →Aemilian Schoepfer zusammenarbeitete, mit dem er auch Stud.fahrten nach England und Süddtld. unternahm. Dieser sowie die 1891 von Papst Leo XIII. erlassene Sozialenzyklika „Rerum novarum“, der Wr. Moraltheologe →Franz Martin Schindler und der dt. Zentrumsabg. Franz Hitze übten großen Einfluss auf ihn aus. Wegen seiner Positionierung für die christl.soziale Bewegung wurde W. von den Kath.-Konservativen kritisiert. 1898–99 wirkte er als Provisor von Dietenheim bei Bruneck. Nachdem er bereits 1890 in Innsbruck zum Dr. theol. prom. worden war, erhielt er 1899 eine Professur für Moraltheol. am Brixner Priesterseminar. W. wurde wegen seiner publizist., organisator., sozialen und polit. Aktivitäten in der Öffentlichkeit bald bekannt (Gründung eines Arbeiterver. in Franzensfeste, Förderung des Jesuheims für chron. Kranke und Schwerstbehinderte in Girlan, Leitung von Pilgerzügen nach Rom und Lourdes, Mitbegründer des Landesverbands für Barmherzigkeit, eines Vorläufers der Tiroler Caritas). Er war 1900–13 christl.sozialer Gmd.rat von Brixen und wie sein Bruder Mitgl. des Stadtkomitees, wo er v. a. den Bau des Krankenhauses betrieb. 1904–05 wirkte er als Religionslehrer und Erzieher des späteren K. →Karl in Wien, was W.ʼ unbedingte Loyalität zur Folge hatte. W. fungierte schon vor dem 1. Weltkrieg und auch in der Zwischenkriegszeit als Konsulent der Kath. Reichsfrauenorganisation Österr. und hatte maßgebl. Einfluss bei der Entstehung von deren Z. „Österreichische Frauenwelt“. 1913 wurde er, trotz Kritik der Konservativen, zum Weihbischof und Gen.vikar in Feldkirch sowie Tit.bischof von Cibira ernannt. Während des 1. Weltkriegs vertrat er wie seine bischöfl. Mitbrüder den Standpunkt eines legitimen Kriegs Österr.-Ungarns. Nach der polit. Teilung Tirols war er ab 1919 Delegatus Sanctae Sedis für das nichtbesetzte Gebiet des Bistums. Schon während des Kriegs hatte er sich bei K. Karl für die Einheit Tirols eingesetzt und intervenierte anfangs erfolgreich bei Papst Benedikt XV. gegen eine Teilung des Brixner Diözesangebiets. 1921 wurde er zum Apostol. Administrator des bei Österr. verbliebenen Tl. der Kirchenprov. und 1925 zum Apostol. Administrator von Innsbruck-Feldkirch mit allen Rechten und Pflichten eines residierenden Bischofs mit Sitz in Feldkirch ernannt. 1932 ließ er in Schwaz das Knabenseminar Paulinum errichten. 1934 erfolgte durch das Domkapitel die Wahl W.ʼ (aus dem röm. Dreiervorschlag im Sinne des kurz zuvor ratifizierten Konkordats) zum Sbg. Fürsterzbischof. Bis zur Ernennung von Paulus Rusch (1938) blieb er weiterhin Apostol. Administrator von Innsbruck-Feldkirch. W. zählte zu den profiliertesten Bischöfen des österr. Episkopats in der Zwischenkriegszeit, der zu Fragen der Politik und Seelsorge Stellung bezog und ein reger Mitgestalter der Bischofskonferenzen war. Er vertrat nach Aufnahme der offiziellen Verhh. zwischen der Bundesregierung und dem Hl. Stuhl die Interessen der Bischofskonferenz bei Kardinalstaatssekr. Eugenio Pacelli und galt (zusammen mit Johannes Messner und →Ignaz Seipel) als Verf. des Sozialhirtenbriefs von 1925 und Anhänger des sog. Christl. Ständestaats. W. regte die Gründung der Heimwehr an und war 1935–38 auch Mitgl. des Sbg. LT. Neben seiner schriftsteller. Tätigkeit widmete er sich ganz der Seelsorge, berief 1937 eine Diözesansynode ein und setzte sich für die Errichtung einer kath. Univ. in Salzburg ein. Im März 1938 wurde er von den Nationalsozialisten unter Hausarrest gestellt und sorgte für einen Gegenentwurf zu der von Joseph Bürckel und dessen Mitarb. konzipierten „Feierlichen Erklärung der österreichischen Bischöfe“. W. war an den geheimen Verhh. zwischen den NS-Machthabern und den Bischöfen zwischen April und August 1938 beteiligt, die aber auf Drängen Roms vonseiten der Kirche abgebrochen wurden. 1939 wurde W. von den Nationalsozialisten aus seinem Palais ausgewiesen und zog in die Prälatur des Erzstifts St. Peter. Er zählte zu den führenden Köpfen des geistigen Widerstands und protestierte unablässig bei den zuständigen Stellen gegen Rechtsbrüche des NS-Regimes und nationalsozialist. Repressalien gegenüber Kirche und Seelsorge.