Walheim, Alfred (Adolf Josef) (1874–1945), Politiker und Schriftsteller

Walheim Alfred (Adolf Josef), Politiker und Schriftsteller. Geb. Ödenburg (Ödenburg/Sopron, H), 5. 11. 1874; gest. Wien, 21. 12. 1945; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Alfred W. und der aus Agram stammenden Wilhelmine W., geb. Follert. – Bereits 1877 übersiedelte die Familie nach Wien, wo W. die Schule besuchte und an der Univ. ein Lehramtsstud. für Dt., Latein und Griech. absolv. (1901 Dr. phil.). Zunächst als Lehrer in Kremsier angestellt, unterrichtete er 1905 in Wien-Mariahilf. Ab dieser Zeit begann auch sein polit. Engagement für die Dt. in Ungarn, wobei er schon damals für eine Angliederung der mehrheitl. dt.sprachigen Gebiete Westungarns an die cisleithan. Reichshälfte eintrat. Nach dem 1. Weltkrieg verstärkte W. seine diesbezügl. Agitationen, indem er unermüdl. bei Regierungsstellen vorstellig wurde, Demonstrationen organisierte und Flugbll. verteilte. 1919 übernahm er den Vorsitz des Ver. Dt. Landsleute aus Westungarn, aus dem später – nach mehrmaligen Umbenennungen – die Burgenländer Landsmannschaft in Wien wurde. Im selben Jahr wurde W. in die soeben gegr. Verwaltungsstelle für den Anschluss Dt.-Westungarns berufen. In diesem Gremium, aus dem 1921 die Verwaltungsstelle für das Bgld. und danach die erste Landesregierung hervorgehen sollte, vertrat W. die Großdt. Volkspartei, als deren Spitzenkandidat er 1922 in die ersten bgld. LT-Wahlen ging. Trotz des bescheidenen Erfolgs (knapp 13%) gelang es W., durch geschicktes Paktieren mit den Sozialdemokraten die Funktion eines Landesrats für Schulangelegenheiten einzunehmen. Hier vertrat er antiklerikale Positionen und kämpfte gegen den – von den Christl.sozialen unterstützten – Einfluss der kath. Kirche auf die Schule. Nach dem von Sozialdemokraten und Großdt. provozierten Rücktritt des christl.sozialen LHptm. Alfred Rausnitz wurde W. im Juli 1923 zu dessen Nachfolger gewählt. Bei der folgenden LT-Wahl im Oktober verloren die Großdt. ca. 80 % ihrer Stimmen und verfehlten den Einzug in den LT. LHptm. wurde im Jänner 1924 →Josef Rauhofer. Durch einen takt. Wechsel zum Landbund verblieb W. jedoch im LT, wurde von diesem bis 1925 in den Bundesrat entsandt und nahm ab 1929 erneut eine Stelle als Landesrat ein. Nach dem Rücktritt des mit Korruptionsvorwürfen belasteten →Anton Schreiner als LHptm. gelang es W. wiederum, durch Unterstützung der Sozialdemokraten im November 1931 zum LHptm. gewählt zu werden. Er behielt diese Funktion bis zu den Februarkämpfen 1934, blieb bis Mai LHptm.-Stellv. und bis November Landesrat. Danach zog sich W. vollständig aus der Politik zurück. Neben seiner polit. Tätigkeit verstand er sich als Schriftsteller. In den „Balladen aus dem Burgenland“ (1933) wurde der Anschlussbefürworter W. nicht müde, den eigenständigen dt. Charakter des Landes zu betonen. Ebenso interpretierte er die Güssinger Fehde, einen mittelalterl. Machtkampf zwischen den Habsburgern und den Gf. von Güns, in absichtsvoller Umdeutung als eine Vorwegnahme des „Burgenland-Gedankens“.

Weitere W.: E. Ertl, 1912; Die Wr. Meerfahrt von dem Freudenleeren, 1920; Der Sachsenkürassier, 1935.
L.: M. Sonnewend, in: Volk und Heimat 15, 1962, H. 20, S. 7; E. Mayer, ebd. 20, 1967, H. 3, S. 32ff.; R. Berczeller – N. Leser, … mit Österr. verbunden, 1975, s. Reg.; G. Schlag, Bgld. Geschichte, Kultur und Wirtschaft in Biographien, 1991; Pfarre Ödenburg/Sopron, H.
(J. Perschy)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 454f.
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