Wallaschek, Richard (1860–1917), Musikwissenschaftler

Wallaschek Richard, Musikwissenschaftler. Geb. Brünn, Mähren (Brno, CZ), 16. 11. 1860; gest. Wien, 24. 4. 1917; röm.-kath. Sohn des Präs. der Brünner Notariatskammer und Dir. der Ersten Mähr. Sparkasse Dr. Karl W. (geb. Wischau, Mähren / Vyškov, CZ, 16. 10. 1820; gest. Brünn, 1. 4. 1896). – W. absolv. 1878 das dt. Gymn. in Brünn und stud. an den Univ. Wien (1878/ 79, 1879/80–82), Heidelberg (1879) und Bern (1886 Dr. iur.) Jus sowie Phil. an der Univ. Tübingen (1885 Dr. phil.), folgte jedoch in zunehmendem Maße seinen musikästhet. und wahrnehmungspsycholog. Interessen. Nach einer Diss. zur Musikästhetik 1885 habil. er sich 1886 für Phil. und Ästhetik an der Univ. Freiburg im Breisgau sowie 1888 auch an deren jurid. Fak. Ein Stud.aufenthalt am British Mus. in London 1890–95 wurde zum entscheidenden Grundstein für seine ethnomusikolog. Forschung, in der er mit der Untersuchung „Primitive Music. An Inquiry into the Origin and Development of Music, Songs, Instruments, Dances, and Pantomimes of Savage Races“ (1893) bzw. deren dt. und erw. Ausg. „Anfänge der Tonkunst“ (1903) eine erste umfassende Darstellung außereurop. Musik versuchte. 1896 kehrte W. nach Wien zurück. Er wirkte dort 1896–1902 als Musikreferent der „Zeit“ und 1900–02 als Lehrer für Ästhetik am KdM. Nach einer erneuten Habil. (1897) für Psychol. und Ästhetik der Tonkunst 1908 zum tit. ao. Prof. ernannt, wurde W. zum Begründer der Vergleichenden Musikwiss. an der Univ. Wien, die später mit seinem Schüler Robert Lach eine Fortsetzung fand. Daneben hielt er auch Vortrags- und Redeübungen für Hörer aller Fak. W.s Arbeit ist stark von der experimentellen psycholog. Forschung seiner Zeit und einem evolutionist. Weltbild gekennzeichnet. Sein umfangreichstes Werk „Psychologische Ästhetik“, eine Zusammenschau seiner Hauptgedanken, erschien erst posthum (1930) mit einer Würdigung von Lach, hrsg. von Oskar Katann. W.s Nachlass befindet sich in der Univ.bibl. Wien.

Weitere W. (s. auch Partsch): Ästhetik der Tonkunst, 1886; Die jurid. Person, 1886 (Diss.); Recht und Moral, 1888 (Habil.schrift); On the Origin of Music, in: Mind 16, 1891; Das k. k. Hofoperntheater, 1909.
L.: Neues Wr. Journal, 26., Illustrierte Kronen Ztg. (m. B.), NFP, 27. 4. 1917; Grove, 2001; MGG I, II; oeml; R. Lach, in: Z. für Ästhetik und allg. Kunstwiss. 12, 1917, S. 352ff.; W. Graf, in: Yearbook of the International Folk Music Council 6, 1974, S. 15ff.; E. Partsch, in: Stud. zur Musikwiss. 36, 1985, S. 87ff. (m. W.); S. McColl, in: Studies in Music 26, 1992, S. 41ff.; A. B. Graziano – J. K. Johnson, in: Music Perception 23, 2006, S. 293ff.; UA, Wien.
(G. Kokorz)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 456
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