Wallnöfer, Adolf (1854–1946), Sänger und Komponist

Wallnöfer Adolf, Sänger und Komponist. Geb. Wien, 26. 4. 1854; gest. München (D), 9. 6. 1946. Sohn des Juweliers und Sängers Franz W. (gest. 8. 10. 1895) und seiner Frau Anna W.; verheiratet mit Marie Walter. – Einer kunstsinnigen Familie entstammend, stud. W. ab 1869 am KdM bei →Felix Otto Dessoff Komposition, bei →Franz Krenn Kontrapunkt und bei den Brüdern →Hans Frh. v. Rokitansky und Viktor Frh. v. Rokitansky Gesang. Klavierspiel erlernte er bei →Josef Dachs und Wilhelm Scheuner. 1872 wurde W. wegen Renitenz aus diesem Inst. entlassen. Danach wirkte er erfolgreich als Kirchen-, Konzert- und Liedersänger. Oft begleitete er sich dabei selbst auf dem Klavier. Mit →Johannes Brahms, →Anton Bruckner, Peter Cornelius, →Franz v. Liszt und Adolf Jensen trat er in nähere Bekanntschaft. Bereits in dieser Zeit begann W. Lieder zu komponieren und selbst vorzutragen. 1872 war er Mitbegründer des Wr. Akadem. Wagner-Ver., im selben Jahr nahm er als Chorsänger (Bass) unter Richard Wagners Leitung am Festkonzert zur Grundsteinlegung des Bayreuther Festspielhauses teil. Dort kam es zur ersten Begegnung mit dem Komponisten. Zur Festspielzeit 1875 wirkte W. in Bayreuth als Kopist und vielfach verwendeter Aushelfer. Um 1880 beschloss er, sich der Oper zuzuwenden, obwohl ihm Wagner davon wegen seiner kleinen Statur abgeraten hatte. Durch Selbststud. wandelte er seine Bass-Stimme in die Tenorlage um. Sein Operndebüt erfolgte in Olmütz, wo er in Rollen wie Manrico in →Giuseppe Verdis „Der Troubadour“ auftrat. Sein Ziel war es aber, Wagnersänger zu werden. →Angelo Neumann engag. ihn 1882/83 für das von ihm begründete ambulante Wagnertheater, das Vorstellungen in Dtld., in den Niederlanden, in Belgien, in der Schweiz, in Italien, schließl. 1889 in Moskau und St. Petersburg veranstaltete. W. sang darin die großen Tenorrollen in Wagners Tetralogie. Neumann engag. ihn 1885 an das Dt. Landestheater in Prag, wo er während seiner zehnjährigen Tätigkeit als 1. Tenor sämtl. große Wagnerpartien vom Rienzi bis zum „Götterdämmerung“-Siegfried sang und ebenso in vielen neuen Opernwerken auftrat. In Prag brachte er 1889 seine Oper „Eddystone“ zur ersten Auff. und sang darin die Hauptrolle. In der Spielzeit 1895/ 96 war W. an der Metropolitan Opera New York als Heldentenor engag. Dort sang er Wagners Tannhäuser, Tristan, Siegmund, Beethovens Florestan und Verdis Radames. Auch nahm er an den Tourneen durch nordamerikan. Städte teil. Weitere Verpflichtungen erhielt er in Riga, Nürnberg und Breslau, von wo er 1903 seine zweite Russland-Tournee unternahm. 1906–11 sang er an der Wr. Volksoper und zwischen 1904 und 1909 mehrere Gastspiele an der Wr. Hofoper. Als einer der bedeutendsten Wagnersänger seiner Zeit beendete er 1912 nach vier Jahrzehnten seine Sängerlaufbahn und wandte sich fortan der Komposition, der Schriftstellerei und dem Unterricht zu. W. schrieb Lieder, Chorwerke, Oratorien, auch Kammermusik und Sinfonien. Ein Stud.werk mit dem Titel „Resonanztonlehre“ erschien 1911. Von seiner Stimme entstanden 1907/08 zahlreiche Tonaufnahmen, auch mit eigenen Kompositionen. Teilnachlässe befinden sich in der Münchner Stadtbibl., der Österr. Nationalbibl. (Musiksmlg.) und der Wienbibl. im Rathaus.

Weitere W.: s. MGG; Müller.
L.: Eisenberg, Bühne; Kutsch–Riemens; MGG I (m. W.); Müller (m. W.); oeml; Wurzbach; Autobiographie, 1924 (Ms. in Familienbesitz); Annals of the Metropolitan Opera, 1998.
(C. Höslinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 465f.
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