Waltenhofen (zu Eglofsheimb), Adalbert Karl von (1828–1914), Physiker und Elektrotechniker

Waltenhofen (zu Eglofsheimb) Adalbert Karl von, Physiker und Elektrotechniker. Geb. Schloss Admontbichl (Stmk.), 14. 5. 1828; gest. Wien, 5. 2. 1914; röm.-kath. Aus einem Tiroler Adelsgeschlecht stammend. Sohn des HR Karl Franz v. W. z. E. und seiner Frau Amalie, geb. Knaffl-Lenz; in 1. Ehe mit Marie, geb. Bernhard (gest. 20. 9. 1891), in 2. Ehe mit Maria, geb. Gottl (gest. 1903), verheiratet. – W. besuchte das Gymn. in Judenburg und Wien, absolv. die phil. Jgg. an der Univ. Wien (1845–47) und stud. kurze Zeit am polytechn. Inst. ebd. 1848 Dr. phil. an der Univ. Graz, trat er dort eine Ass.stelle an der Lehrkanzel für Mathematik und Physik an und unterrichtete auch am Joanneum. 1850 wurde er am polytechn. Inst. in Wien Ass. für Physik. 1853 folgte er einem Ruf als Ordinarius der Lehrkanzel für Physik an der Univ. Innsbruck; 1857/58 und 1864/65 Dekan, 1861/62 Rektor. Mit ihm erhielten dort prakt.-nützl. Zielsetzungen größeres Gewicht. 1867 wechselte W. als Prof. der allg. und techn. Physik an das dt. polytechn. Inst. in Prag (1878 und 1882 Rektor), wo er ein physikal. Laboratorium einrichtete. Ab 1881 hielt er am Prager Inst. erste Vorlesungen über Elektrotechnik, damals noch mit starker Ausrichtung auf die Telegraphie. 1873 verf. er für den offiziellen Ber. über die Wr. Weltausst. eine Beschreibung der mathemat. und physikal. Instrumente. Ab 1883 bis zu seiner Emer. 1898/99 hatte W. an der TH Wien die erste Lehrkanzel für Elektrotechnik an einer österr. Hochschule inne und richtete das erste selbstständige elektrotechn. Inst. hierzulande ein. 1883 unternahm er eine Rundreise zu mehreren dt. TH sowie maßgebl. dt. Elektrotechnikern und berichtete in der „Zeitschrift für Elektrotechnik“ u. a. über die damalige Diskussion, ob es mögl. sei, an den Hochschulen unmittelbar für die Ind. verwendbare Elektrotechniker auszubilden. Anders als sein reichsdt. Pendant Friedrich Kittler blieb er diesbezügl. skept. Dass er dennoch mit der elektrotechn. Praxis verbunden war, zeigt seine Position als Verw.R.-Vors. der Internationalen Elektrizitätsges. ab 1889. 1898 erstellte W. ein Gutachten über seine Nachfolge und unterschied dabei vier Tl.gebiete innerhalb der Elektrotechnik. Letztl. blieb es aber bei nur einer Lehrkanzel, die mit →Carl Hochenegg besetzt wurde. 1889–91 war W. Präs. des 1883 von ihm mitbegründeten Elektrotechn. Ver. in Wien. 1888 wirkte er bei der elektr. Lichtinstallation des neuen Hofburgtheaters mit. Zu W.s prominenteren Schülern gehörten u. a. seine Ass. Wilhelm Peukert, Friedrich Eichberg, Karl Zickler, →Johann Sahulka sowie die Elektrotechniker Max Reithoffer und →Ludwig Kallir. Obwohl eher in der Lehre profiliert, konnte W. auch auf zahlreiche Forschungen zurückblicken. Ab Beginn der 1860er-Jahre stand er mit →Johann Kravogl in Verbindung, dessen „Kraftrad“ er einen für damalige Verhältnisse auffallend guten Wirkungsgrad bescheinigte. 1880 entwickelte er das W.’sche Pendel, mit dessen Hilfe er das Auftreten der Foucaultschen Ströme in einer zwischen den Polen eines Elektromagneten schwingenden Kupferplatte nachwies (Prinzip der späteren Wirbelstrombremse). 1869 schlug W. als einer der Ersten den Begriff der magnet. Sättigung vor. Als auf diesem Gebiet bes. ausgewiesen war er 1888 mit dem Siemens-Ing. und Messtechnik-Experten Oskar Frölich in einen aufsehenerregenden fachl. Disput um die richtige Berechnung des magnet. Sättigungsgrads verwickelt. W. veröff. neben den Büchern „Astronomie und Optik in den letzten Decennien“ (1862) und „Grundriß der allgemeinen mechanischen Physik“ (1875) das Werk „Die internationalen absoluten Maaße, insbesondere die electrischen Maaße“ (1885, 3. Aufl. 1902), das einen kleinen Leitfaden der prakt. Elektrizitätslehre enthielt. W. zählte damit zu den wichtigsten Verfechtern des internationalen Maßsystems. Als letztes Buch erschien 1890 eine Darstellung „Über Blitzableiter“. Seine rund 60 Abhh. waren größtenteils Phänomenen und Gesetzen des Magnetismus und der Elektrizität gewidmet, so etwa dem magnet. Verhalten von Metallen, der Permeabilität, der Koerzitivkraft, Remanenz, Sättigung sowie der Zug- und Tragkraft. Er forschte und publ. über elektromotor. Kräfte, elektr. Licht sowie Akkumulatoren. 1868 wurde W. ao., 1869 o. Mitgl. und 1875 Vizepräs. der kgl. böhm. Ges. der Wiss. sowie 1871 k. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien. 1878 Reg.Rat., 1894 HR. Er war u. a. Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Kl. (1888), Komtur des Franz Joseph-Ordens (1899) und erhielt Ehrendoktorate der TH Wien (1904) und Prag (1906).

Weitere W.: s. Eisenberg; Wurzbach; Attlmayr.
L.: Eisenberg 2 (m. W.); Wurzbach (m. W.); Z. für Elektrotechnik 9, 1891, S. 518, 17, 1899, S. 391f. (m. B.); A. Hinrichsen, Das literar. Dtld., 2. Aufl. 1891; M. Reithoffer, in: Elektrotechnik und Maschinenbau 32, 1914, S. 225f. (m. B.); 150 Jahre TH in Wien 1815–1965, ed. H. Sequenz, 2, 1965, s. Reg.; E. Attlmayr, in: Beitrr. zur Technikgeschichte Tirols 1, 1969, S. 45ff. (m. B. u. W.); Die Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der Phil. Fak. zu Innsbruck bis 1945, ed. F. Huter, 1971, s. Reg.; W. König, Technikwiss. Die Entstehung der Elektrotechnik …, 1995, S. 28, 116, 144; D. Angetter – M. Martischnig, Biografien österr. PhysikerInnen, 2005 (m. B.); Lex. der Elektrotechniker, ed. K. Jäger – F. Heilbronner, 2. Aufl. 2010; G. Luxbacher, „Praktiker, Theoretiker und Freunde der Elektrotechnik“, 2013, s. Reg.; A. Denoth, in: Berr. des naturwiss.-med. Ver. Innsbruck 99, 2014, S. 103ff., bes. 104; TU, UA, beide Wien; Pfarre Obdach, Stmk.
(G. Luxbacher)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 468f.
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