Waßler (Wassler, Wasler), Josef (1841–1908), Bildhauer und Kunsttischler

Waßler (Wassler, Wasler) Josef, Bildhauer und Kunsttischler. Geb. Lana, Tirol (I), 14. 2. 1841; gest. Meran, Tirol (Meran/Merano, I), 23. 7. 1908; röm.-kath. Sohn des Tischlers Franz W. und von Anna W., geb. Hell; ab 1878 in 1. Ehe verheiratet mit Nothburga Kirchlechner (1853–1895), ab 1896 in 2. Ehe mit Anna Winkler aus Bayern. – W. besuchte zwei Jahre das Gymn. in Meran. I. d. F. begann er eine Ausbildung im Zeichnen und Schnitzen bei →Franz Xaver Pendl. Nach vierjähriger Lehrzeit ging W. 1861 nach München und war in der Mayer’schen Hofkunstanstalt (Kunstanstalt für kirchl. Arbeiten) tätig, wo er in →Josef Knabl einen idealen Lehrer fand. 1863 wechselte W. nach Köln, um sich beim Dombildhauer Peter Dominicus Fuchs in der Steinbildhauerei auszubilden, und arbeitete bei der Herstellung neugot. Skulpturen für den Dom mit. 1866 kehrte er nach Lana zurück und eröffnete 1867 eine eigene Werkstatt. Im selben Jahr erhielt er die ersten großen Aufträge: die Ausführung des Altars für die Kapelle der Engl. Fräulein in Meran (nicht erhalten) und des Hochaltars im Konvent des Dt. Ordens in Lana. Neben Skulpturen für Seitenaltäre (z. B. Christkind mit Kreuz, 1871, Kapuzinerkirche, Lana) fertigte W. ab 1872 für die Pfarrkirche von Niederlana 14 Kreuzwegstationen in Relief. 1872 reiste er, finanziert durch ein Stipendium, nach Wien und Venedig, um dort mittelalterl. und Renaissance-Artefakte zu stud. 1875 übersiedelte er nach Meran und eröffnete eine Werkstatt, die er aufgrund der guten Auftragslage 1893 erweitern konnte; er beschäftigte bis zu acht Gehilfen. W. betätigte sich auch als Restaurator mittelalterl. Skulpturen, wobei er tw. künstler. Neuschöpfungen bzw. freie Ergänzungen vornahm; so führte er etwa 1879 auf der Burg in Meran Bildhauerarbeiten durch. Sein Interesse am Mittelalter war auch wiss. Natur, im Zuge seiner Restaurierungstätigkeiten stud. er z. B. die mittelalterl. Polychromie an Steinskulpturen (etwa 1886/87 am got. Vesperbild der Pfarrkirche in Lienz), dokumentierte diese und kommentierte denkmalpfleger. Diskussionen. Ab 1890 stagnierten die Aufträge für Altarbauten aufgrund der starken und preisgünstigeren Konkurrenz aus Gröden und des gewandelten Zeitgeschmacks (Jugendstil), an den sich W. nicht anpassen wollte. Fortan wandte er sich vermehrt der Kunsttischlerei bzw. dem Kunstgewerbe zu. In dieser Zeit entstanden v. a. Kirchentüren, Beicht- und Chorstühle, Taufsteindeckel, Truhen und Einlegearbeiten für Möbel, aber auch Entwürfe für Glasmalereien, wie z. B. für ein Kirchenfenster in der Pfarrkirche von Lana („Johannes auf Patmos“), für schmiedeeiserne Gitter und Beschläge, für Lampen und Ofenkacheln. W. galt als einer der Hauptvertreter des neugot. Stils in der Ausstattung Tiroler Kirchen. Zwar orientierte er sich an mittelalterl. Vorbildern, fand jedoch zu einer eigenen, auch funktionsbedingten, eklektizist. Formensprache: Die in der Gotik separat neben den Flügelaltären stehenden, reich ornamentierten Sakramentshäuschen griff er formal auf und adaptierte diese Form für seine Tabernakel, die er in eine Art Altar-Hochbau integrierte.

Weitere W.: Orgelgehäuse und Beichtstühle, 1867 (Kapuzinerkirche, Lana); Hochaltar, 1870 (Pfarrkirche, Burgstall/Postal); Hochaltar und Seitenaltäre, 1871–76 (Alte Pfarrkirche, Algund/Lagundo); Hochaltar, 1874 (Pfarrkirche, Altrei/Anterivo); Hochaltar, 1878 (St. Katharina, Mitterdorf/Villa di Mezzo); Hochaltar, 1879 (Pfarrkirche, Klausen/Chiusa); Hochaltar, 1884 (Pfarrkirche, Tessenberg); Altartabernakel, 1893 (Dom, Maria Saal, nicht erhalten).
L.: Neuigkeits Welt-Bl., 26. 7. 1908; Thieme–Becker; Wurzbach; Der Kunstfreund, NF 3, 1887, Nr. 10, S. 78, NF 9, 1893, Nr. 7, S. 55; K. Atz, Kunstgeschichte von Tirol und Vbg., 2. Aufl. 1909, S. 944; B. Pokorny, Aus Merans Werdezeit 1870–1900, 1929, S. 189ff.; N. Rasmo, Kunst in Südtirol, (1976), S. 75; L. Andergassen, Sarntaler Kirchenkunst, 1996, S. 34, 104, 106; W. Rampl, Ein Haus voll Glorie schauet. Alle Kirchen Tirols 2, 2009, S. 387, 415, 5, 2015, S. 448; M. Hölzl Stifter, Altarbau des Historismus in Südtirol, 2013, S. 423, 426; M. Hölzl Stifter, in: Der Schlern 89, 2015, H. 3, S. 4ff.
(U. Marinelli)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 14f.
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