Watteroth, Heinrich Joseph (1756–1819), Staatswissenschaftler und Rechtshistoriker

Watteroth Heinrich Joseph, Staatswissenschaftler und Rechtshistoriker. Geb. Worbis, Erzbistum Mainz (Leinefelde-Worbis, D), 17. 11. 1756; gest. Wien, 13. 8. 1819; röm.-kath. Sohn des Färbermeisters Johann Georg W. und der Appolonia W.; ab 1795 mit Anna Maria W., geb. Ruprecht (geb. 1776), verheiratet. – Nach dem Besuch des Gymn. in Duderstadt und des Jesuitenkollegiums in Heiligenstadt im Eichsfeld begann W. 1774 ein rechtswiss. Stud. in Erfurt. 1776–77 stud. er in Göttingen, wo er Vorlesungen bei August Ludwig v. Schlözer besuchte. 1777 trat er eine unbezahlte Praktikantenstelle am Reichshofrat in Wien an und hörte parallel an der dortigen Univ. Vorlesungen bei →Joseph v. Sonnenfels. 1783 folgte W. einem Ruf an die Theresian. Ritterakad. als Prof. für Statistik. Mit Unterstützung Gottfried van Swietens wurde er 1786 zum Prof. für Universalgeschichte an der phil. Fak. der Univ. Wien ernannt. Außerdem erhielt W. im selben Jahr die Ernennung zum Stud.komm.rat in Passau. 1790 wechselte er an die jurid. Fak., wo er die Professur für Statistik – damals vorwiegend Staaten- und Länderkde. – besetzte. Zudem trat er 1791 die Nachfolge von Sonnenfels als Prof. für Policey- und Kameralwiss. an. W. gehörte zum Beraterkreis Leopolds II. und fertigte Gutachten, Berr. und Denkschriften für den K. an. Ab 1794 beschränkte er sich auf seine Professur, die er bis zu seinem Tod innehatte. In seinen Schriften trat er für religiöse Toleranz gegenüber den Protestanten ein und verteidigte das Recht des Landesfürsten auf Säkularisierung von Klostergütern. Außerdem forderte er das Recht ein, verstorbene Landesfürsten kritisieren zu dürfen, und erklärte konstitutionell regierte Länder zu polit. Vorbildern. Diese Geisteshaltung, aber auch kirchenkrit. Ausführungen in seinen Vorlesungen, führten zu einem ständigen Konflikt zwischen W. und dem Wr. Erzbischof Kardinal Christoph Anton Migazzi. Neben seiner universitären Tätigkeit führte W. einen Salon in seinem Haus in der Erdbergstraße (heute: Wien 3). Hier versammelten sich (und lebten zeitweise) zahlreiche Künstler, etwa der Dichter →Johann Mayrhofer, →Josef Frh. v. Spaun sowie →Josef Kriehuber. 1816 wohnte →Franz Schubert in W.s Haus, in dessen Garten die Urauff. der Kantate „Prometheus“ stattfand. W. trat 1783 in die Freimaurerloge Zur wahren Eintracht ein, die unter der Leitung von Ignaz v. Born stand. 1786 scheint er als Mitgl. der Nachfolgeloge Zur Wahrheit auf. Zudem war W. Mitgl. des Illuminatenordens.

W.: Für Toleranz überhaupt und Bürgerrechte der Protestanten in kath. Staaten, 1781; Kosmopolit. Beobachtungen über das erste Regierungsjahr Joseph des II., 1782; Weltgeschichte nach ihren Haupttheilen im Auszug und Zusammenhange, 2 Bde., 1785–86, gem. mit A. L. Schlözer.
L.: ADB; Czeike; Gräffer-Czikann; Wurzbach; E. Eckert, H. J. W., phil. Diss. Wien, 1950; H. Pemmer, in: Wr. Geschichtsbll. 21, 1966, S. 33; Th. Winkelbauer, Das Fach Geschichte an der Univ. Wien, 2018, S. 45ff.; The Gotha Illuminati Research Base (online, Zugriff 5. 9. 2018).
(K. Schneider)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 17f.
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