Weber, Ottokar (Ottocar) (1860–1927), Historiker

Weber Ottokar (Ottocar), Historiker. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 10. 3. 1860; gest. Zahrádky u České Lípy, Tschechoslowakei (CZ), 9. 3. 1927; röm.-kath. Sohn des Bankdir. der Böhm. Escompte-Bank Ottokar W. und seiner Frau Maria W., geb. Smekal; in 1. Ehe ab 1889 mit Wilhelmine Sophie W., geb. Ohlenschlager (gest. 1899), in 2. Ehe mit Sofie W., geb. Lumbe v. Mallonitz (gest. 1917), Enkeltochter von →Josef Thaddäus Lumbe v. Mallonitz, verheiratet. – Nach dem Besuch des Kleinseitner Gymn. in Prag absolv. W. ein College in Aberdeen. Ab 1878 stud. er an der Univ. Wien Geschichte, u. a. bei →Ottokar Lorenz, Heinrich Zeißberg, →Max Büdinger, →August Fournier, →Theodor v. Sickel und →Karl Rieger. 1881–83 absolv. er den Lehrgang des Inst. für österr. Geschichtsforschung; 1885 Dr. phil. mit einer Untersuchung über Handel und Ind. in Böhmen von 1740 bis 1765. Nach Stud.aufenthalten in Paris, London und Berlin habil. er sich 1887 für neuere Geschichte an der dt. Univ. Prag mit der Arbeit „Die Quadrupel-Allianz vom Jahre 1718“ (gedruckt 1887). 1893 wurde W. zum ao. Prof. ernannt und 1900 zum o. Prof. für Allg. und Neuere Geschichte berufen. 1906/07 amtierte er als Dekan der dt. phil. Fak., 1916/17 als Rektor der dt. Univ. Prag. In seinen ersten wiss. Publ. beschäftigte W. sich v. a. mit der Geschichte der dt. Ind. in Böhmen. Neben seiner Diss. ist hier „Die Entstehung der Porcellan- und Steingutindustrie in Böhmen“ (1894) zu erwähnen. Im Zentrum seiner Forschungen standen oft Einzelfragen und ereignisse. Ein bes. Anliegen war W. auch die Vermittlung von wiss. Erkenntnissen an ein breites Publikum, was seine zahlreichen Aufsätze in Z. und Ztg. sowie seine umfangreiche Vortragstätigkeit im Rahmen der von der Univ. 1901 eingeführten Volkstüml. Hochschulkurse in- und außerhalb Prags belegen. Er war zu seiner Zeit ein sehr gefragter Redner und Vortragender. W. gehörte einer Reihe von Ver. an, die das „Deutschtum“ in Böhmen pflegten, u. a. dem Ver. Dt. Casino (ab 1916 Ver. Dt. Haus), dem Ver. der Staatsbeamten dt. Nationalität und dem Dt. Ver. für städt. Angelegenheiten. Eine bes. aktive Rolle spielte er im Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen, dessen Mitt. er ab 1899 gem. mit →Adalbert Horčička, ab 1913 allein hrsg. und dem er ab 1920 bis zu seinem Tod als Obmann vorstand. Er war auch Mitgl. verschiedener wiss. Ges. wie der Komm. für neuere Geschichte Österr., der Dt. Ges. für Altertumskde. und der Ges. zur Förderung dt. Wiss., Kunst und Literatur in Böhmen (ab 1924 Dt. Ges. der Wiss. und Künste für die Tschechoslowak. Republik).

Weitere W.: Der Friede von Utrecht, 1891; „Diarium“ über die Belagerung und Occupation Prags durch die Preußen im Jahre 1744, 1896; Eine Kaiserreise nach Böhmen im Jahre 1723, 1898; 1848. Sechs Vorträge, 1904, 3. Aufl. 1918; Dt. Geschichte vom westfäl. Frieden bis zum Untergange des röm.-dt. Reiches 1648/1806, 1913.
L.: W. Wostry, in: Mitt. des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen 65, 1927, S. 3ff.; S. Steinherz, in: An Stelle der feierl. Inauguration des Rektors der Dt. Univ. in Prag … 1927/28, 1929, S. 112ff. (m. B.); UA, Wien.
(H. Schmoller)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 31
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