Weil von Weilen, Josef Ritter; nannte sich ab ca. 1856 Weilen (1828–1889), Schriftsteller, Bibliothekar und Offizier

Weil von Weilen Josef Ritter, nannte sich ab ca. 1856 Weilen, Schriftsteller, Bibliothekar und Offizier. Geb. Tětin bei Beraun, Böhmen (Tetín, CZ), 28. 12. 1828; gest. Wien, 3. 7. 1889 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); mos., später röm.-kath. Vater u. a. von →Alexander W. Ritter v. W.; verheiratet mit Marie W. v. W., geb. Eyermann (geb. Znaim, Mähren / Znojmo, CZ, 13. 8. 1842; gest. Wien, 4. 12. 1924). – Von Verwandten unterstützt, besuchte W. in Prag zunächst das Gymn., kam wegen mangelnder Schulleistungen jedoch Ende 1843 nach Teplitz in ein kleines Geschäft. Von dort entfloh er und schloss sich einer Schauspielertruppe an, die in Nordböhmen Vorstellungen gab. 1848 war er in Laibach engag. und kam im Frühjahr 1849 nach Wien an das Theater in der Josefstadt. Eine unglückl. Affäre mit einer Schauspielerin endete im September jenes Jahres damit, dass er als Revolutionär denunziert, nach kurzer Haft zum IR Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 zwangsrekrutiert und mit dem Rgt. nach Komorn und i. d. F. nach Schemnitz, Rust und Stuhlweißenburg entsandt wurde. Schon 1851, nach Pressburg versetzt, knüpfte er Kontakte zu Schriftstellern, u. a. zu →Moritz Gottlieb Saphir, dessen Z. „Der Humorist“ Ged. W.s abdruckte, und schrieb auch für mehrere Literatur- und belletrist. Z. Nach Einführung einer zweijährigen Off.ausbildung im Rahmen neu errichteter Kriegsschulen 1852 wurde W. als Lehrer für Geschichte und Geographie zunächst an die Pionierkadettenschule in Hainburg berufen. Daneben entstand seine erste Ged.smlg. „Fantasien und Lieder“. Diese sandte er an →Franz Grillparzer, mit dem er i. d. F. ebenso Kontakt pflegte wie mit →Christian Friedrich Hebbel. 1853 erschien W.s Heldenged.smlg. „Männer vom Schwerte“, in der er seine Kenntnisse der österr. Kriegsgeschichte mit seinen dichter. Ambitionen verband. Das Büchlein machte ihn mit →Franz Gf. Folliot de Crenneville bekannt, wurde in Armeekreisen gut aufgenommen und mehrfach neu aufgelegt. 1854 wurde W. als Unterlt. I. Kl. (Oblt. 1858) nach Krakau versetzt. Im Jahr darauf wurde er Prof. für Geschichte an der Genie-Akad. in Klosterbruck bei Znaim. Durch deren Leiter →Moritz Frh. Ebner v. Eschenbach befreundete er sich rasch mit dessen Gattin →Marie Freifrau Ebner v. Eschenbach. W.s Talent als Vorleser, Rezitator und Tänzer trug dazu bei, dass sich der gesellschaftl. Kreis um ihn und Ebner-Eschenbach vergrößerte. In dieser Zeit trat W. mit seiner ersten dramat. Dichtung hervor: „Tristan“, geschrieben 1856/57 nach der Sage von „Tristan und Isolde“ und stilist. Anleihen bei Karl Immermann und Friedrich Halm (→Eligius Münch v. Bellinghausen) nehmend. Obwohl die Dramaturgie des Stücks wenig geglückt war, fand es 1859 auf mehreren Bühnen Aufnahme, u. a. (auf Empfehlung Grillparzers) am Hofburgtheater in Wien. Mit „Heinrich von der Aue“ wählte W. neuerl. ein romant., im Mittelalter angesiedeltes Thema. Die Kritik nahm das 1860 am Hofburgtheater aufgef. Stück wenig gnädig auf, sodass W. künftig andere Stoffe wählte. Sein dramat. Werk war aber auch weiterhin vom Zwiespalt von Romantik und Realismus geprägt. Durch Crennevilles Fürsprache beim K. erhielt W. 1861 eine Stelle als Scriptor an der Hofbibl., die er bis 1877 innehatte. Er stand nun in ständigem Gedankenaustausch mit Grillparzer, Halm, Hebbel, den Burgtheaterdir. →Heinrich Laube, →Franz Frh. v. Dingelstedt und Adolf v. Wilbrandt und den großen Theaterkritikern seiner Zeit, →Ludwig Speidel, →Ferdinand Kürnberger u. a. Zwei Jahre nach seiner Übersiedlung nach Wien wurde er auch als Lehrer (ab 1868 Prof.) für dt. Literatur an die Kriegsschule berufen und im Oktober 1862 gem. mit →Salomon Hermann v. Mosenthal mit der Leitung der Schauspielschule am KdM betraut. Mit seinem nächsten Stück, „Edda“ (Erstauff. 1864 mit Charlotte Wolter), zeigte er sich als handwerkl. gereifter Dramatiker; dessen Erfolg beim Publikum wurde nur durch sein 1880 aufgef. Trauerspiel „König Erich“ übertroffen. W.s Romanschaffen („Unersetzlich“, 1879; „Daniela“, 1882) blieb dagegen hinter dem dramat. Werk zurück. Einer größeren Öffentlichkeit präsent war W. mit zahlreichen Gelegenheitsdichtungen wie „Am Tage von Oudenarde“ (zur Enthüllung des Prinz-Eugen-Denkmals, 1865), „An der Pforte der Unsterblichkeit“ (Grillparzer-Gedenkfeier, 1872), „Aus dem Stegreif“ (100 Jahre Burgtheater, 1876), einer Festhymne zum Hochzeitsjubiläum des Kaiserpaars (1879) oder „Im Feldlager“ (Enthüllung des Maria-Theresien-Denkmals). Gem. mit Laube besorgte W. die erste Ausg. des Werks von Grillparzer (10 Bde., 1872–74). Ab 1863 Mitgl., ab 1883 (mit kurzer Unterbrechung 1886/87) Präs. des Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“, fiel seine Amtszeit in die Ära von →Eduard Franz Joseph Gf. Taaffe, in der die Pressefreiheit wiederholt gefährdet war. Mit diesem Amt verknüpft war auch W.s Bestellung zum Red.sekr. für die österr. Bde. des von Kronprinz →Rudolf initiierten großen Sammelwerks „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, durch das er ab 1884 in ständigem Kontakt mit diesem stand. Bis zu W.s Tod erschienen sechs der insgesamt 24 Bde. der dt. Ausg. (fortgeführt von Heinrich Ritter v. Zeißberg). W. erhielt 1874 den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und wurde mit dem Zusatz „von Weilen“ in den Ritterstand erhoben. Ausgewählte Werke gab sein Sohn Alexander W. 1913 heraus.

Weitere W.: Dramen: Drahomira, 1867, Rosamunde, 1869, Gf. Horn, 1870, Der neue Achilles, 1871.
L.: Iris, 15. 4. 1859; WZ (Abendpost), 3., Die Presse, NFP, NWT, Wr. Allg. Ztg., 4. 7. 1889; Gatti 1, S. 958; Nagl–Zeidler–Castle; Stern–Ehrlich; Wurzbach; Militär. Ztg. 8, 1855, S. 308; Neue Illustrirte Ztg. 17, 1889, S. 851f. (m. B.); A. v. Weilen, in: C. Glossy, Ein Wr. Stammbuch, 1898, S. 343ff.; A. v. Weilen, in: J. W. Ausgewählte Werke 1, 1913, S. Vff.; B. Hamann, Kronprinz Rudolf, 2005, s. Reg. (m. B.); Pfarre St. Ulrich, Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 58f.
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