Weiler, Marie; eigentl. Laucher Maria Antonia Cäcilia (1809–1864), Schauspielerin

Weiler Marie, eigentl. Laucher Maria Antonia Cäcilia, Schauspielerin. Geb. Landstraße, NÖ (Wien), 13. 11. 1809; gest. Wien, 31. 10. 1864 (1889 beigesetzt mit →Johann Nestroy in dessen Ehrengrab auf dem Wr. Zentralfriedhof); röm.-kath. Unehel. Tochter von Cäcilia Laucher und Ferdinand Gf. Stockhammer; Lebensgefährtin von Nestroy. – Wann und weshalb sie den Namen W. angenommen hat, ist unsicher, doch dürfte ein Zusammenhang mit der mütterl. Familie bestehen, über die sie wohl auch eine Affinität zur Kunst hatte. 1827 begann W. eine Gesangsausbildung am Grazer Musikver. In dieser Zeit lernte sie Nestroy kennen, der seit 1826 am Grazer Ständ. Schauspielhaus engag. war. 1827 hatte Nestroys Gattin Wilhelmine ihn und den dreijährigen Sohn Gustav verlassen. W. wurde Nestroy nun zur Lebensgefährtin, da ihm eine zweite Eheschließung verwehrt war. Ab Jänner 1828 war sie ebenfalls am Ständ. Schauspielhaus unter Vertrag, wo sie mit der Ninette in Rossinis Oper „Die diebische Elster“ debüt. In den folgenden Jahren trat sie auch auf der Pressburger Bühne auf, welche mit Graz in einer Doppeldion. geleitet wurde. Nestroy war gleichfalls auf beiden Bühnen zu sehen. W. sang durchaus anspruchsvolle Rollen, in Opern von Mozart etwa die Pamina in „Die Zauberflöte“ oder den Cherubino in „Die Hochzeit des Figaro“. Sie begleitete Nestroy bei dessen erstem Gastspiel in Wien (Theater in der Josefstadt) im März 1831, wo sie als Suschen in dem Singspiel „Der Dorfbarbier“ von →Johann Bapt. Schenk die Koloraturarie „Frag ich mein beklommen Herz“ aus Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ einlegte. Die Theaterztg. attestierte ihr bei dieser Gelegenheit eine „artige Stimme“ und „nicht unangenehme Methode“, mit der sie Beifall errang. Daneben trat W. in Sprechstücken auf, die zumeist auch Musiknummern enthielten. So war sie in ihrer Frühzeit in Zauberspielen von →Ferdinand Raimund zu sehen: als Modestina in „Der Diamant des Geisterkönigs“, als Jugend in „Der Bauer als Millionär“ und als Salchen in „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“. Und selbstverständl. stand sie in Nestroys dramat. Erstling „30 Jahre aus dem Leben eines Lumpen“ (Urauff. Dezember 1828) auf der Bühne, wo sie als Rosa mit Nestroy ein Walzerduett zu singen hatte. Bis Ende März 1831 waren W. und Nestroy in Graz bzw. Pressburg im Engagement, dann gingen sie nach Lemberg. Da das Lemberger Theater im Juni wegen einer Choleraepidemie geschlossen werden musste, kehrten sie nach Wien zurück, wo sie im August 1831 – W. als „Lokalsängerin“ – von Carl Carl (→Karl Bernbrunn) an das Theater an der Wien verpflichtet wurden. Wegen der Geburt ihres ersten Kindes trat W. erst Anfang Februar 1832 als Nanette in →Karl Meisls Parodie „Die schwarze Frau“ auf und legte – wie schon in Graz und auch später noch gelegentl. – wieder die Arie aus „Der Barbier von Sevilla“ ein. Sie blieb bis zum Ende ihrer Bühnenkarriere 1850 an Carls Bühnen: erst am Theater an der Wien und ab 1838 auch an dem von diesem neu erworbenen Theater in der Leopoldstadt (ab 1847 Carltheater). W. spielte an diesen Häusern v. a. in Possen von Nestroy, der ihr Rollen auf den Leib schrieb. Zumeist waren es nicht die Protagonistinnen, aber doch Figuren, in denen sie auch ihre sänger. Fähigkeiten beweisen konnte. Nestroy war es auch, der fallweise dafür Sorge trug, dass freundl. Kritiken über sie erschienen. Unter ihren Rollen in Stücken von Nestroy waren die Bella in „Nagerl und Handschuh“ (1832), die Camilla in „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ (1832), die Fanny in „Zu ebener Erde und erster Stock“ (1835), die Therese in „Die beiden Nachtwandler“ (1836) sowie die Nanni in „Die verhängnißvolle Faschings-Nacht“ (1839). 1840 gab W. als ihr Benefiz die Flora Baumscheer in „Der Talisman“. In den folgenden Jahren fügte sie noch die Madam Baumöhl in „Das Gewürzkrämerkleeblatt“ (1845) ihrem Repertoire hinzu. Ende 1850 zog sie sich von der Bühne zurück. W. war es, die von Anfang an die Finanzen Nestroys verwaltete. Als dieser nach dem Tod Carls die Dion. des Carltheaters übernahm (bis 1860), übertrug er 1856 W. offiziell die gesamte Verwaltung der Geschäftsadministration, doch war sie bereits davor in diesem Bereich führend tätig gewesen. In seinem Testament hatte Nestroy sie zur Alleinerbin eingesetzt. Ungeachtet mancher „Ehekrisen“, v. a. aufgrund erot. Eskapaden Nestroys (eine im Frühsommer 1858 von W. angekündigte völlige Trennung konnte nur durch die Vermittlung guter Freunde hintangehalten werden), war ihm W. sein Leben lang eine treue Begleiterin.

L.: J. Nestroy, Sämtl. Briefe, ed. W. Obermaier, 2005, s. Reg.; J. Nestroy, Dokumente, ed. W. Obermaier – H. Böhm, 2009, s. Reg.; W. E. Yates, „Bin Dichter nur der Posse“: J. N. Nestroy. Versuch einer Biographie, 2012, s. Reg.; H. Miesbacher, in: Nestroyana 35, 2015, H. 3–4, S. 128ff.; M. Lorenz, An Unknown Child of J. Nestroy (nur online, Zugriff 14. 7. 2018).
(W. Obermaier)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 59f.
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