Weinberger, Charles (Carl Rudolf Michael) (1861–1939), Komponist

Weinberger Charles (Carl Rudolf Michael), Komponist. Geb. Wien, 3. 4. 1861; gest. ebd., 1. 11. 1939; evang. AB. Unehel. Sohn der v. a. als Offenbach-Interpretin bekannt gewordenen Sängerin und Schauspielerin Helene W. (1839–1898), wahrscheinl. aus einer Verbindung mit Rudolph Prinz v. u. z. Liechtenstein (1833–1888); viermal verheiratet: 1885–90 mit Sofie v. Pelka (1863–1890), 1897–1905 mit Stefanie Klein (geb. 1876; gest. nach 1936), 1906–24 mit Helene Schandl (geb. 1885; gest. nach 1933), ab 1930 mit Käte Susman (1875–1963). – W. besuchte Internatsschulen in Dresden und 1874–80 in Genf; dort erhielt er auch Musikunterricht bei Henri Kling. 1880–83 stud. er an der BOKU in Wien, während er seine musikal. Ausbildung bei Hermann Proksch (Klavier), Cyrill Wolf (Musiktheorie) sowie →Alexander Leitermayer und →Joseph Sulzer (Instrumentation) fortsetzte. Danach trat er als Einjährig-Freiwilliger seinen Wehrdienst an, wurde aber nach wenigen Wochen wegen Dienstuntauglichkeit entlassen und arbeitete 1883–86 im Bankhaus Bernhard Rosenthal. Seitdem war er hauptberufl. als freischaffender Komponist tätig, nachdem er bereits seit 1882 mit Tanzmusik, Männerchören, Liedern und Couplets hervorgetreten war. 1888 erfolgte sein Bühnendebüt mit der Operette „Pagenstreiche“ (Carl-Theater, Wien) nach einem Libretto des seit 1883 mit seiner Mutter verheirateten Hugo Wittmann. 1891 gelang W. der Durchbruch mit „Die Uhlanen“ (ebd.). Im darauffolgenden Dezennium feierte er seine größten Erfolge; „Lachende Erben“ etwa brachte es in Berlin auf über 200 Auff. Anders als die spielopernhaften Operetten der Generation um →Franz v. Suppé, →Johann Strauß (Sohn) und →Karl Millöcker gehören W.s Bühnenwerke einem bisweilen als Vaudeville-Operette bezeichneten Typus an, der auf dem französ. Lustspiel basiert. Seine bevorzugten Librettisten waren neben Wittmann →Bernhard Buchbinder, Julius Horst (→Josef Hostasch), →Leo Stein und Mathilde Schurz. Mit dem Aufstieg von →Franz Lehár, Oscar Straus, Emmerich Kálmán und Robert Stolz kam der von W. gepflegte Operettenstil aus der Mode. Durch den Ausgang des 1. Weltkriegs verlor W. sein in Kriegsanleihen angelegtes Vermögen; zudem führten gesundheitl. Probleme zu einem Sanatoriumsaufenthalt und hemmten seine Schaffenskraft. Auch Versuche, als Theaterdir. Fuß zu fassen, scheiterten, sodass sich die finanzielle Lage W.s zunehmend verschlechterte. 1929 wurde ihm eine Ehrenpension gewährt, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österr. eingestellt wurde. Erst während der letzten Monate vor seinem Tod erhielt er – nach Erbringung des „Ariernachweises“ für seine Mutter – neuerl. eine regelmäßige monetäre Zuwendung. W. war Mitbegründer der Ges. der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM, 1897) und der Union dramat. Autoren und Komponisten (1907) sowie 1922–25 Präs. des Österr. Komponistenbunds. 1913 wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens und 1928 mit dem Berufstitel Prof. ausgez. Er war weder mit →Josef W. noch mit dem Komponisten Jaromír W. verwandt.

Weitere W. (s. auch MGG II; F. Stieger, Opernlex. 4/1, 1982): Oper: Schlaraffenland, 1904; Operetten und dergleichen: Die Karlsschülerin, 1895, Der Schmetterling, 1896, Die Blumen-Mary, 1897, Adam und Eva, 1899, Die Diva, 1900, Die romant. Frau, 1911, Der Frechling, 1912, Die Nachtprinzessin, 1914, Drei arme Teufel, 1916, Der Silbergulden, 1936; Pantomime: Der Hut, 1910; über 200 Lieder und Couplets. – Teilnachlässe: ORF, Wienbibl. im Rathaus, Wien Mus., alle Wien.
L.: Jb. der Wr. Ges.; Kosch, Theater-Lex.; MGG II (m. W.); Müller; oeml; Ulrich; Radio Wien 7, 1931, H. 19, S. 14; P. Eppel, Die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen aus dem Besitz der Stadt Wien, 2002, S. 76ff.; B. Denscher, Der Operettenlibrettist V. Léon, 2017, S. 236ff.; WStLA, Wien.
(Th. Aigner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 61f.
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