Weingart, Miloš (1890–1939), Slawist

Weingart Miloš, Slawist. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 21. 11. 1890; gest. ebd., 12. 1. 1939; röm.-kath. Sohn des Eisenbahninsp. Antonín Emanuel W. und seiner Frau Anna W., geb. Jobová; verheiratet mit Julie W., geb. Fuxová. – Nach dem Tod der Mutter bereiste W. mit seinem Vater Europa. Er besuchte 1900–08 das tschech. Realgymn. in Prag-Neustadt, danach stud. er an der tschech. Univ. Prag Slawistik, klass. Philol. und vergleichende Sprachwiss. (u. a. bei →František Pastrnek und Josef Zubatý; 1913 Dr. phil. sub auspiciis Imperatoris mit der Diss. „Studie o Kronice mnicha Georgia Hamartola v církevněslovanské literatuře“). 1914–18 unterrichtete er am tschech. Gymn. auf der Kleinseite und war zugleich Mitarb. an der Kanzlei des Slovník jazyka českého, die an der Böhm. K. Franz Joseph Akad. der Wiss., Literatur und Kunst zur Erarbeitung eines großen Wörterbuchs des Tschech. eingerichtet worden war. Ab 1918 lehrte W. an der Prager tschech. Univ. und war Sekr. der Extenze českých vysokých škol pražských, 1919 erfolgte seine Habil. („Byzantské kroniky v literatuře církevněslovanské“, publ. in der Z. Bratislava, 1922–23). 1921 zum o. Prof. an der Univ. Bratislava ernannt, war er dort 1924–25 Dekan der phil. Fak. und 1926 Rektor. 1927 kehrte W. als o. Prof. für vergleichende slaw. Sprachwiss. und altkirchenslaw. Sprache nach Prag zurück, wo er 1930/31 als Dekan der phil. Fak. fungierte. In der Zwischenkriegszeit entfaltete er eine rege wiss. Tätigkeit: Als ao. Mitgl. der Česká akad. věd a umění (ab 1924) und k. M. der Kgl. böhm. Ges. der Wiss. (ab 1925) war er u. a. Leiter des slaw. Seminars der Univ., Mitgl. des Slovanský ústav (Slaw. Inst.) und dessen byzantin. Sektion; er initiierte und leitete den 1. Internationalen Slawistenkongress in Prag (1929), reorganisierte den nationalen Forschungsrat Národní rada badatelská, gründete und leitete die sprachwiss. Ges. Společnost pro slovanský jazykozpyt und war Gründungsmitgl. des Prager linguist. Zirkels (1925–34, danach Wechsel zur konkurrierenden literaturwiss. Ges. Literárněvědná společnost) sowie mehrerer Fachz. W. nahm an byzantinist. Tagungen in Sofia und Rom teil. Sein Werk umfasst Arbeiten auf dem Gebiet des Altkirchenslaw. (Sprache und Literatur, Leben und Werk der Hll. Kyrill und Method), der Bohemistik (Geschichte der tschech. Literatur des Mittelalters und des 19. Jh., Sprachpflege und Sprachkultur der Gegenwart) sowie der Geschichte der Philol. (→Josef Dobrovský, Václav Fortunát Durych, →Thomas Masaryk). Er publ. auch zur Methodol. der Literaturwiss. („Problémy a metody české literární historie“, in: Bratislava, 1922; „O podstatě slovanské filologie“, ebd., 1924) sowie zur slowak. und bulgar. Sprache und Literatur, stets vor einem breiten hist. und soziokulturellen Hintergrund. Darüber hinaus war er ein eifriger Rezensent von Fachliteratur, schrieb Kritiken zu Belletristik, Theater und Film und wandte sich mit populärwiss. (Radio-)Vorträgen über Philol. an eine breite Öffentlichkeit. Infolge seines frühen Todes blieben geplante Publ., darunter Bd. 3 der „Rukověť jazyka staroslověnského“ (die Bde. 1–2 erschienen 1937–38), eine Ed. der Werke Dobrovskýs sowie eines altkirchenslaw. Evangeliars, unvollendet. Posthum erschien „Československý typ církevnej slovančiny“ (1949). W. war Kommandeur des bulgar. Ordens Za narodna zasluga.

Weitere W. (s. auch LČL): Přehled literatury bulharské, 1919; J. Vrchlický, 1920; Dobrovského Institutiones, 2 Bde., 1923–25; Slovanské stati, 1932; První česko-církevněslovanská legenda o svatém Václavu, in: Svatováclavský sborník, 1934, dt. gekürzt in: Prager Rundschau, 1935. – Ed.: Texty ke studiu jazyka a písemnictví staroslověnského, 1938.
L.: Lidové noviny, 13., 23., Venkov, 15., 22. 1. 1939; LČL (m. W.); Masaryk; A. Grund, in: Lumír 65, 1938/39, S. 259f.; O. Hujer, in: Listy filologické 66, 1939, S. 262ff.; B. Havránek, in: Slav. Rundschau 11, 1939, S. 43ff.; Naše řeč 23, 1939, S. 56f.; V. Šmilauer, in: Český časopis historický 45, 1939, S. 175f.; J. Kurz, in: Časopis pro moderní filologii 25, 1939, S. 225ff. (m. B.); J. Kurz, in: Byzantinoslavica 8, 1939/46, S. Iff. (m. B.); H. Gulová, in: Acta Univ. Carolinae. Philologica. Slavica Pragensia 28, 1988, S. 119; Z. Hauptová, in: Byzantinoslavica 60, 1999, S. 1ff.; Pražský lingvistický kroužek v korespondenci, ed. M. Havránková, 2008, s. Reg.; L. Havlíková, in: Slovanský přehled 95, 2009, S. 262ff.; Kostel svatého Štěpána, Praha, CZ.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 65f.
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