Weinzierl, Egon Ritter von (1891–1945), Gynäkologe und Geburtshelfer

Weinzierl Egon Ritter von, Gynäkologe und Geburtshelfer. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 17. 12. 1891; gest. ebd., 12. 5. 1945; röm.-kath. Sohn von Robert Karl Ritter von Weinzierl und Luisa Edle von Weinzierl, geb. Pechtl; ab 1920 verheiratet mit Meta Weinzierl, geb. Haehnel. – Nach Ablegung der Matura am Gymnasium in Teplitz 1910 studierte W. Medizin an der deutschen Universität in Prag. Seine Ausbildung wurde durch den Kriegsdienst im 1. Weltkrieg unterbrochen, bei dem er an der serbischen Front schwer verwundet wurde; 1918 Dr. med. 1919 erhielt W. eine Assistentenstelle an der von →Georg August Wagner geleiteten deutschen Universitätsfrauenklinik, 1925 habilitierte er sich für Geburtshilfe und Gynäkologie mit der Schrift „Die uneheliche Mutterschaft. Eine sozialgynäkologische Studie, zugleich ein Beitrag zum Problem der Fruchtabtreibung“. 1927–45 betrieb W. in Prag auch eine Privatpraxis, 1940–44 führte er die gynäkologische Abteilung der Poliklinik. Da er als politisch unzuverlässig galt, wurde 1944 sein Antrag auf Beitritt zur NSDAP abgelehnt, man entzog ihm die Abteilungsleitung, löste sein Arbeitsverhältnis und legte ihm die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge sowie Kontakte zu jüdisch-liberalen Kreisen zur Last. Dies rief Proteste der Studenten hervor, deren Vertrauen W. genoss. Ein konsequentes behördliches Vorgehen gegen ihn scheiterte jedoch an dem Umstand, dass gegen Kriegsende die zivilen medizinischen Einrichtungen akuten Mangel an qualifiziertem Personal hatten. Nach der Befreiung Prags wurde er im Mai 1945 verletzt, verhaftet und in das Gefängnis in Pankrác gebracht, wo er starb. W. befasste sich neben dem Thema Abtreibung mit Ursachen und Therapien bei Unfruchtbarkeit, mit Methoden zur natürlichen Geburtenkontrolle, Hygienefragen sowie mit der Geburtsvorbereitung, worüber er auch Radiovorträge hielt. Seine Fachstudien aus der klinischen Praxis veröffentlichte er u. a. in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“, in der „Monatsschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie“ und im „Archiv für Gynäkologie“.

Weitere W.: s. Hartmann.
L.: Masaryk; Wer ist᾽s?, 1935; Prager Nachrichten 21, 1970, Nr. 6/7, S. 7f. (mit Bild); W. Hartmann, Die Personalbibliographien der Professoren und Dozenten der Geburtshilfe und Gynäkologie und der Pharmakologie und Pharmakognosie an der Medizinischen Fakultät der Deutschen Karl-Ferdinands Universität in Prag … 1900–45, med. Diss. Erlangen-Nürnberg, 1972, S. 42ff. (mit W.); L. Hlaváčková – P. Svobodný, Biographisches Lexikon der Deutschen Medizinischen Fakultät in Prag 1883–1945, 1998; A. Míšková, Německá (Karlova) univerzita od Mnichova k 9. květnu 1945, 2002, s. Reg.; P. Svobodný, Pražské lékařské fakulty a jejich klinická pracoviště v letech 1938–45, phil. Diss. Praha, 2007, S. 125, 205f.; Národní archiv, UA, beide Praha, CZ.
(M. Makariusová)   
Zuletzt aktualisiert: 15.12.2020  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 9 (15.12.2020)