Weissel, Georg (1899–1934), Funktionär und Chemiker

Weissel Georg, Funktionär und Chemiker. Geb. Wien, 28. 3. 1899; gest. ebd., 15. 2. 1934 (hingerichtet; ehrenhalber gewidmetes Grab: Wr. Zentralfriedhof). Sohn des Eisenbahners Franz W. und eines Dienstmädchens; Vater von Erwin W. (1930–2005), Prof. für Sozial-, Volkswirtschafts- und Finanzpolitik an der Univ. Wien. – Bereits W.s Eltern waren engag. Vertreter der Arbeiterbewegung. Er selbst schloss sich schon zu Schulzeiten den Sozialdemokraten und den Naturfreunden an. 1917 wurde W. zum Militärdienst eingezogen, den er bis zum Zusammenbruch der Monarchie an der Südfront ableistete. Nach seiner Rückkehr stud. er 1918–23 Techn. Chemie an der TH Wien (II. Staatsprüfung 1923) sowie 1924–25 an der phil. Fak. der Univ. Wien. Nach längerer Arbeitslosigkeit fand er 1926 eine Anstellung bei der Wr. Feuerwehr. Im Zuge der Radikalisierung der innenpolit. Situation nach dem Justizpalastbrand 1927 wurde W. zum Kmdt. der Akadem. Legion, der Studentenabt. des Republikan. Schutzbunds, berufen. 1931 zum Brandkoär. der Hauptfeuerwache Floridsdorf ernannt, legte er das Kmdo. der Akadem. Legion zurück. Nach dem Verbot des Schutzbunds im März 1933 stellte sich W. erneut der Organisation zur Verfügung. Der überraschende Ausbruch der Februarkämpfe 1934 führte auch bei der Floridsdorfer Parteileitung zum Entschluss, zu den Waffen zu greifen. W. erhielt dabei mit seiner Truppe den Auftrag, das benachbarte Polizeikommissariat zu stürmen, dem allerdings nur ein kleiner Tl. der Feuerwehrleute folgte. Sie unterlagen schließl. und wurden als Gefangene abgeführt. W., der die volle Verantwortung für die Aktion übernahm, wurde vor ein Standgericht gestellt und zum Tod durch den Strang verurteilt. Nachdem ein Gnadengesuch abgelehnt worden war, erfolgte die Hinrichtung im Wr. Landesgericht. Ein Lied und mehrere Denkmäler erinnern an W., der nach seinem Tod zu einer wichtigen Symbolgestalt der Arbeiterbewegung wurde.

L.: Czeike; J. T. Simon, in: Werk und Widerhall, ed. N. Leser, 1967, S. 425ff.; H. Drimmel, Vom Justizpalastbrand zum Februaraufstand, 1986, S. 364f.; Die Arbeiter von Wien, ed. K. Stimmer, 1988, s. Reg.; K. Bauer, Der Februaraufstand 1934, 2019, s. Reg.; Das rote Wien (online, Zugriff 11. 9. 2018); TU, UA, beide Wien.
(E. Pokorny)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 99f.
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