Wenckebach, Karel Frederik (1864–1940), Internist

Wenckebach Karel Frederik, Internist. Geb. Im Haag (Den Haag, NL), 24. 3. 1864; gest. Wien, 11. 11. 1940; evang. HB. Sohn des Telegraphenleitungsverlegers Eduard W. (1813–1874) und der Maria W., geb. Cornelissen, Bruder des Illustrators und Malers Willem Reymert Ludwig W. (1860–1937) und des Dir. der Dutch Ironworks in IJmuiden Henri Johan Eduard W. (1861–1924), Vater des Malers und Bildhauers Oswald W. (1895–1962); verheiratet mit Catharina W., geb. Henny. – Nach Besuch des Gymn. in Utrecht stud. W. ab 1881 Zool. und dann Med. an der dortigen Univ., u. a. bei dem Physiologen Theodor Wilhelm Engelmann; 1888 Dr. med. Zunächst vertiefte er seine Ausbildung an den Inst. für Zool., Pathol. und Anatomie, wechselte aber aufgrund seiner Farbenblindheit in die Physiol. Ab 1891 praktizierte er als Landarzt in Heerlen. 1896 kehrte er an die Univ. Utrecht zurück. 1901 folgte er einem Ruf als o. Prof. für Innere Medizin an die Univ. Groningen, 1911–14 wirkte er in gleicher Eigenschaft an der Univ. Straßburg. 1914 wurde er zum o. Prof. der speziellen med. Pathol. und Therapie sowie zum Vorstand der I. Med. Klinik an die Univ. Wien berufen. 1929 trat er i. d. R. W. zählte zu den ersten Klinikern, die sich auf Kardiol. spezialisierten. 1896 begann er sich intensiv mit Herzrhythmusstörungen auseinanderzusetzen. 1903 entstand eines seiner wichtigsten Werke, „Die Arythmie als Ausdruck bestimmter Funktionsstörungen des Herzens“ (engl. 1904). Zudem beschrieb er 1903/04 als einer der Ersten die Behandlung von Vorhofflimmern mittels Chinin. 1906 gelang ihm die Beschreibung des nach ihm benannten W.-Bündels, eines medianen Bündels des konduktiven Systems des Herzens, das vom Atrioventrikulären Knoten wegführt. 1914 erschien sein Standardwerk „Die unregelmässige Herztätigkeit und ihre klinische Bedeutung“. In Wien befasste sich W. v. a. mit patholog. Veränderungen der Herzaktivität bei Soldaten. In seiner Pension reiste er nach Indien, um die Mangelkrankheit Beriberi sowie die Auswirkungen von Vitamin B1 auf das Herz zu erforschen. Daraus entstand 1934 sein Werk „Das Beriberi-Herz“. Mit seinen Schülern →Wilhelm Falta und Nikolaus Jagić gab er ab 1920 das „Wiener Archiv für innere Medizin“ heraus. Sozial engag., mobilisierte er während der Hungersnot 1919 international Philanthropen, um die Versorgung der Wr. Spitäler mit Lebensmitteln zu organisieren. Außerdem veranlasste er den Import von Lebertran zur Behandlung an Rachitis leidender Kinder. 1920 erwarb er sich zudem große Verdienste bei der Unterbringung des Inst. für Geschichte der Med. der Univ. Wien im Josephinum. 1917 erhielt W. das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens mit der Kriegsdekoration, 1929 das große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österr., 1931 den St. Sava-Orden I. Kl. 1921 wurde HR W. zum k. M. der Österr. Akad. der Wiss. in Wien, 1925 zum Mitgl. der Dt. Akad. der Naturforscher Leopoldina gewählt.

Weitere W.: Herz- und Kreislaufinsuffizienz, 1931, 4. Aufl. 1942.
L.: NFP, 27. 6. 1914 (Abendbl.); NWT, 14. 11. 1940; Czeike; Jb. der Wr. Ges.; WMW 90, 1940, Sp. 1019; WKW 53, 1940, S. 1067ff.; Münchner med. WS 87, 1940, S. 1421f.; J. Winkelmann – H. Wyklicky, in: Organorama 1, 1964, S. 19ff.; G. A. Lindeboom, K. F. W., 1965; R. A. Serbu, Der Beginn der wiss. Karriere von K. F. W. in Holland, techn. Diss. Aachen, 1985; W. B. Fye, in: Clinical Cardiology 13, 1990, S. 146ff. (m. B.); K. Holubar, in: WKW 102, 1990, S. 333ff. (m. B.); J. Cooper – H. J. Marriott, in: Texas Heart Inst. Journal 26, 1999, S. 8ff.; K. H. Tragl, Chronik der Wr. Krankenanstalten, 2007, s. Reg. (m. B.); A. R. Pérez-Riera u. a., in: Cardiology Journal 18, 2011, S. 337ff. (m. B.); UA, Wien.
(G. Vavra)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 114
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