Wenrich, Wilhelm (1822–1895), Historiker, Archivar, Politiker, Offizier und Jurist

Wenrich Wilhelm, Historiker, Archivar, Politiker, Offizier und Jurist. Geb. Schäßburg, Siebenbürgen (Sighișoara, RO), 14. 11. 1822; gest. ebd., 20. 1. 1895; evang. Nach Besuch des Gymnasiums studierte W. 1841–43 Jus am reformierten Kollegium in Klausenburg. 1843–46 Honorarkanzlist bei der königlichen Tafel in Neumarkt am Mieresch, legte er 1846 die Advokatenprüfung ab und war 1846–48 als Honorarsekretär beim Stadt- und Stuhlmagistrat in Schäßburg tätig. 1848 trat er als Freiwilliger in das sächsische Jägerbataillon ein und kämpfte als Leutnant 2. Klasse unter General Anton von Puchner gegen die Revolutionäre in Siebenbürgen. 1849 Oberleutnant, wurde er nach der Revolution zunächst zum 12. Jägerbataillon nach Leipnik, dann zum 22. Jägerbataillon nach Frauenbach und schließlich nach Sathmar transferiert. 1857 Hauptmann 2. Klasse, nahm W. 1859 am Italienfeldzug teil, wobei er sich u. a. in Krain, Istrien und Venetien aufhielt. 1860 Hauptmann 1. Klasse und zum 16. Jägerbataillon nach Hermannstadt versetzt, wurde er als Invalider 1861 vorläufig und 1870 endgültig pensioniert. 1871–75 wirkte W. als Archivar des Stadtarchivs und Archivs der Sächsischen Nationsuniversität in Hermannstadt. 1881–87 vertrat er als Abgeordneter der Liberalen Partei bzw. der Sächsischen Volkspartei den Schäßburger Bezirk des Komitats Groß-Kokelburg im ungarischen Reichstag. Besonders verdient machte sich W. als Archivar und Historiker um die Erforschung der Geschichte Siebenbürgens. Er führte eine Neuordnung des sächsischen Nationalarchivs durch, stellte zwei Urkunden-Repertorien zusammen („Grundrepertorium“, 4 Bände, „Realrepertorium“, 2 Bände) und veröffentlichte mehrere Studien im „Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde“. Hervorzuheben sind seine Aufsätze über das bronzene Reiterstandbild des Heiligen Georg im Prager Burghof, in dem er als Erster die Brüder Georg und Martin von Klausenburg als Schöpfer dieser bedeutenden gotischen Plastik identifizierte („Néhány szó két hazai művészről. Kolozsvári Márton és György“, in: Századok 13, 1879, Nr. 8; „Künstlernamen aus siebenbürgisch-sächsischer Vergangenheit“, in: Archiv des Vereines für Siebenbürgische Landeskunde 22, 1889). W. war ab 1853 korrespondierendes Mitglied des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde.

Weitere W.: Schematismus der k. k. Feldjäger-Bataillone gegen Ende des Jahres 1859, 1859; Ueber ein altes italienisches Siegel, in: Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde 7, 1866; Geschichtliche Vorbedingungen zur moldauischen Lehnsherrschaft an der Bistritz, ebd., NF 6, 1874.
L.: ADB; Szinnyei; Trausch; Országgyülési Almanach 1886. Képviselőház, ed. S. Halász, 1886, S. 198f.; A. Toth, Parteien und Reichstagswahlen in Ungarn 1848–92, 1973, passim; W. Leesch, Die deutschen Archivare 1500–1945, 2, 1992; E. Marosi, in: Korunk, NF 3, 12, 2001, Nr. 7, S. 6ff.
(Á. Z. Bernád)   
Zuletzt aktualisiert: 15.12.2020  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 9 (15.12.2020)