Werndl, Joseph (Josef) (1831–1889), Industrieller

Werndl Joseph (Josef), Industrieller. Geb. Steyr (OÖ), 26. 2. 1831; gest. ebd., 29. (nicht 26.) 4. 1889; röm.-kath. Sohn von →Leopold W. und Josefa W., geb. Müller (Müllner) (geb. Frankenfels, NÖ, 4. 1. 1806; gest. Steyr, 10. 11. 1867), Bruder von →Franz W. (s. u. Leopold W.), des Juristen Leopold W. (geb. 4. 8. 1829; gest. 12. 7. 1858) und des Messerfabrikanten Ludwig W. (geb. 6. 6. 1847; gest. 14. 4. 1890), Schwiegervater des Bürochefs von W.s Waffenfabrik Robert Schött, Onkel des Erfinders Ernst W. (geb. Steyr, 2. 11. 1886; gest. Wartberg ob der Aist, OÖ, 7. 12. 1962); verheiratet mit Karoline W., geb. Haindl (Heindl) (gest. Wien, 29. 10. 1878), der Tochter eines Messerschmiedmeisters. – Nach sechsjährigem Schulbesuch und einer Lehre beim Büchsenmacher Ferdinand Fruwirth in Wien 1844–47 begab sich W. auf Wanderschaft. 1847 arbeitete er in Prag in einer Büchsenmacherei und kam 1849 nach Wien, wo er seinen Wehrdienst leistete, zunächst bei den Chevaux-Légers, wo seine Freundschaft mit →Karl Holub begann, und dann in der Ärar. Gewehrfabrik in Währing (Wien). 1852 reiste W. nach Ferlach, Thüringen und in die USA, wo er bei Remington Arms Co. und Colt’s Patent Firearms Manufacturing Co. arbeitete. Im Jahr darauf kaufte er nach seiner Rückkehr nach Steyr die Kettenhuberschleife im Wehrgraben. Nach dem Tod des Vaters 1855 arbeiteten er und sein Bruder Franz W. im Witwenbetrieb. 1864 übernahmen sie die Fa. Josef und Franz Werndl & Comp., Waffenfabrik und Sägemühle in Oberletten mit Sitz in Steyr und wandelten sie 1869 in die AG Österr. Waffenfabriks-Ges. um. W. war Gen.dir. der Fa., die auf ihrem Höhepunkt um 1875 4.500 Mitarb. beschäftigte und neun Fabriksgebäude in Steyr sowie acht in Letten inklusive Wohngebäude und Magazine umfasste; 1923 entstanden daraus die Steyr-Werke AG und 1934 die Steyr-Daimler-Puch AG. Weiters gründete W. 1871 einen Zweigbetrieb in Pest. Er ließ in seinen Fabriken auch Elektrizität aus Wasserkraft produzieren und Dynamos sowie Glühlampen herstellen. 1872 kaufte er die Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks- und Eisenbahn-Ges. und die Waffenfabriken Ferdinand Fruwirth und Aloisia Bentz. W. ließ eine der größten Arbeitersiedlungen der Monarchie bauen und initiierte Sozialleistungen wie eine Arbeitslosenfürsorge und eine Pensionsversicherung. Er finanzierte außerdem infrastrukturelle Maßnahmen in Steyr wie Brücken, Straßen oder Grundarrondierungen. Ab 1862 war er im Gmd.rat und 1867–69 im oö. LT vertreten. W. erhielt zahlreiche Ausz.: 1870 Ritter der Eisernen Krone III. Kl., Goldenes Verdienstkreuz mit Krone, 1871 Kommandeur des kgl. preuß. Kronen-Ordens, 1872 Off.kreuz des Ordine della Corona dʼItalia, Kommandeur-Kreuz des Ordens der Krone von Rumänien, 1884 Komtur des Franz Joseph-Ordens und des kgl. sächs. Albrechts-Ordens, Off. der französ. Ehrenlegion und des griech. Erlöserordens, Kommandeur des portugies. Christus-Ordens.

L.: NFP, WZ, 29. 4., Steyrer Ztg., 2. 5. 1889; Wurzbach; H. Slapnicka, OÖ – Die polit. Führungsschicht 1861–1918, 1983; J. W., Leben und Werk …, 1989; J. Schuy, Das Waffensystem W., 1997; M. Narbeshuber, J. W., 3. Aufl. 2008; H. Stögmüller, J. W. und die Waffenfabrik in Steyr, 2. erw. Aufl. 2012, S. 57ff. (m. B.); G. Riedl, Wandel im Gewerbe – Enns/Steyr …, 2016; G. Jewison – J. C. Steiner, Austro-Hungarian Land Forces 1848–1918 (m. B., online, Zugriff 15. 10. 2018); Techn. Mus. Wien; Pfarre Steyr-St. Michael, OÖ.
(S. B. Weiss)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 132f.
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