Werner, Franz (Jakob); Ps. Myletor (1810–1866), Theologe

Werner Franz (Jakob), Ps. Myletor, Theologe. Geb. St. Pölten (NÖ), 26. 10. 1810; gest. ebd., 17. 2. 1866; röm.-kath. Sohn des Rauchfangkehrermeisters Joseph W. und dessen Frau Thekla W., geb. Feldreich, die nach dem Tod von W.s Vater 1815 den Rauchfangkehrermeister Josef Conti heiratete. – W. besuchte 1822–28 das Stiftsgymn. Melk. 1828–30 stud. er an der Univ. Wien (phil. Jgg.) und 1830–34 an der theol. Lehranstalt in St. Pölten. Nach der Priesterweihe 1834 ebd. war er bis 1836 als Kaplan in der Pfarre Tulln tätig. 1836–38 absolv. er ein Theol.stud. am sog. Frintaneum in Wien und wirkte unmittelbar danach für einige Monate als Kaplan in der Stadtpfarre Krems, ehe er 1838 als Prof. für Kirchengeschichte und -recht an die theol. Lehranstalt in St. Pölten berufen wurde, wo er bis 1852 verblieb und später einflussreiche Persönlichkeiten wie →Karl Werner, →Anton Kerschbaumer oder →Matthäus Josef Binder maßgebl. prägte. W. spielte innerhalb der kirchl. Erneuerungsbewegung in der Diözese eine führende Rolle und unterstützte 1848 die Wr. kirchl. Freiheitsbewegung. Enttäuscht von den kirchenpolit. Entscheidungen wandte er sich der weltl. Politik zu und nahm als Deputierter des Wahlkreises Melk von Dezember 1848 bis Mai 1849 an der Frankfurter Nationalversmlg. teil. 1852 Domherr und 1852–56 Alumnatsdir. in St. Pölten, erfolgte 1854 die Ernennung zum Domscholaster und 1858 jene zum Domdechanten. 1861 schließl. wurde W. zum Dompropst und 1862 zum Präses des geistl. Ehegerichts sowie Prodir. der theol. Lehranstalt in St. Pölten bestellt. W. gilt mit seiner Schrift „Der Hermesianismus vorzugsweise von seiner dogmatischen Seite dargestellt …“ (1845) als der eigentl. und einzige wiss. Gegner und Kritiker des Hermesianismus. In der im 19. Jh. viel diskutierten Frage der Unauflöslichkeit der Ehe, der er mehrere Veröff. widmete, bezog er mit seiner Abh. „Ueber den … Ehetrennungsgrund bei Matthäus 5, 32. und 19, 9. und bei Paulus 1. Cor. 7, 12–16.“ (1845) gegen den Freiburger Theologen Peter Anton Schleyer, der ihn scharf kritisiert hatte, Stellung. Seine Gesinnung war im Kirchlichen vom Autonomiegedanken im Gegensatz zum josephin. Staatskirchentum sowie im Politischen von der Idee der Freiheit und der dt. Einheit geprägt. W. setzte das St. Pöltner bischöfl. Alumnat zu seinem Universalerben ein.

Weitere W. (s. auch Frankl – Tropper): Ueber den kirchl. Ablaß und … die Bedingungen seiner Wirksamkeit, 1856; Beitrr. zur Diözesanstatistik des 18. Jh., in: Hippolytus 1, 1858; Zur Geschichte der Pfarren St. Andrä v. d. H. und Königstetten, ebd. 5, 1862.
L.: Wurzbach; A. Kerschbaumer, in: Oesterr. Vjs. für kath. Theol. 5, 1866, S. 325ff.; J. Pritz, F. W., 1957; H. Wurz, in: Jb. für Landeskde. von NÖ, NF 52, 1986, S. 314ff.; H. Best – W. Weege, Hdb. der Abg. der Frankfurter Nationalversmlg. 1848/49, 1996; Das „Frintaneum“ in Wien …, ed. K. H. Frankl – P. G. Tropper, 2006, S. 53f. (m. W.); Dompfarre St. Pölten, NÖ.
(K. Kollermann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 136
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