Werner, Karl (Carl) (1821–1888), Theologe und Beamter

Werner Karl (Carl), Theologe und Beamter. Geb. Hafnerbach (NÖ), 8. 3. 1821; gest. Wien, 4. 4. 1888; röm.-kath. Sohn des Schulmeisters Joseph W. und dessen Frau Maria Anna W. – W. absolv. das Melker Stiftsgymn. und das Lyzeum Kremsmünster. Anschließend stud. er Theol., 1838–42 in St. Pölten und 1842–45 im Rahmen des Priesterkollegs Frintaneum in Wien. Ab 1847 wirkte W. als Prof. für Moral und Metaphysik, ab 1865 für Neues Testament in St. Pölten. 1870 wechselte er an die Univ. Wien, wo er bis 1882 als Prof. Neues Testament lehrte; 1877/78 Rektor. Ab 1881 war W. als Min.rat im Kultusmin. tätig. Die in der absolutist. Ära der kirchl. Aufsicht übertragene Wr. theol. Fak. wurde ab den 1850er-Jahren zu einer Hochburg neuscholast. Theol. ausgebaut, was Widerstände an der Univ. hervorrief. Diese kulminierten im Gefolge der röm. Maßregelung von →Anton Günther 1857 sowie der Diskussion um das Vatikan. Konzil 1869/70. Mit der Berufung W.s verband →Karl v. Stremayr das Ziel, eine gemäßigt-kirchl. Linie der Theol. zu etablieren, die zwischen „deutschem Reformeifer“ und „römischer Engstirnigkeit“ stand. Zugleich sollte sie liberalen Wissensidealen genügen und an der protestant. Forschung Maß nehmen. W. schaffte diese Balance v. a. durch eine kreative Art, Thomismus gelehrt wie systemkonform zu betreiben: als Phil.- und Theol.geschichte des Mittelalters, die durch den Aufweis der Bandbreite mittelalterl. Denkens neuscholast. Engführungen konterkarierte. Vor wie nach seinem Wechsel ins Min. bestimmte W. die Belange der Fak. maßgebl. mit. Ihm wurde auch die Gestaltung des Figuren-, Bilder- und Namensprogramms für den der Theol. gewidmeten Teil der Fassade des 1884 eröffneten Hauptgebäudes der Univ. übertragen. Ungeachtet seiner korrekten Art stand W. fast durchgehend einer starken Opposition im integral-kirchl. Kollegium gegenüber, die →Franz Laurin anführte. Exemplar. dafür war das Kräftemessen um das neue Fach Christl. Phil. W. setzte mit Rückendeckung von Erzbischof →Johann Rudolf Kutschker durch, dass 1880 erstmals Vorlesungen dieses Titels angesetzt und mit →Laurenz Müllner ein Wr. Diözesan dafür habil. wurde. Gegen das Votum des Kollegiums, das Müllner für theol. inkompetent erklärte, wurde der Lehrstuhl 1886 errichtet und wunschgemäß besetzt. Am fakultären Widerstand scheiterte W.s Anregung, begabte Theologen zum Besuch des hist. oder philolog. Seminars an der phil. Fak. zu ermutigen. Auch sein Projekt einer Wr. theol. Z. kam nicht zustande. Erfolgreich betrieb er die Öffnung von theol. Vorlesungen für Hörer aller Fak. (sog. Publika). Über Stremayr erwirkte er 1878, dass eine bereits ausgesprochene k. Ernennung des fakultären Gegenspielers Laurin zum Bischof von Leitmeritz widerrufen wurde. Zuletzt betrieb W., der 1876 als erster Theologe zum w. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien gewählt worden war, noch die Berufung →Franz Martin Schindlers, der einen wiss. Aufbruch der Fak. einleitete.

W.: s. Frankl – Tropper.
L.: Wurzbach; J. Pritz, Mensch als Mitte. Leben und Werk C. W.s, 1968; F. Schragl, in: Das „Frintaneum“ in Wien ..., ed. K. H. Frankl – P. G. Tropper, 2006, S. 55f. (m. W.); R. Klieber, in: Univ. – Politik – Ges., ed. M. G. Ash – J. Ehmer, 2015, s. Reg.; Pfarre St. Othmar unter den Weißgerbern, UA, beide Wien; Pfarre Hafnerbach, NÖ.
(R. Klieber)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 137f.
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