Werunsky (Werunski), Emil (1850–1942), Historiker

Werunsky (Werunski) Emil, Historiker. Geb. Mies, Böhmen (Stříbro, CZ), 6. 4. 1850; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren (Praha, CZ), 25. 2. 1942; röm.-kath. Sohn des OLGR Josef W. (gest. 22. 11. 1879) und dessen Frau Marie W., geb. dʼElseaux, Bruder von Albert W. (s. u.). – W. besuchte das Neustädter und das Kleinseitner Gymn. in Prag, wo er 1869 maturierte. Danach stud. er zwei Jahre an der Prager theol. Fak. und anschließend – ebenfalls an der Univ. Prag – Geschichte bei →Karl Höfler sowie Sprachwiss. bei →Johann v. Kelle. 1874 legte er die Lehrbefähigungsprüfung für Geographie und Geschichte an Obergymn. ab; 1875 Dr. phil. mit einer Diss. über die „Bauernaufstände vor dem großen deutschen Bauernkriege des Jahres 1525“. Es folgten Stud.aufenthalte (Reisestipendien des Min. für Cultus und Unterricht) in Göttingen bei Georg Waitz, in München bei Wilhelm v. Giesebrecht sowie am Inst. für österr. Geschichtsforschung in Wien bei →Theodor v. Sickel; 1877 Habil. an der Univ. Prag, i. d. F. Priv.Doz., 1882 ao. Prof. für polit. Geschichte sowie Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte an der dt. Univ. Prag, 1892 o. Prof. für allg. Geschichte und Hilfswiss. 1889–1938 fungierte er als Prüfer bei den rechtshist. Staatsprüfungen der jurid. Fak., 1900–22 als Mitgl. der Prüfungskomm. für das Lehramt an Mittelschulen und 1907–37 als Mitgl. der Prüfungskomm. für das Lehramt an höheren Handelsschulen; 1916 Mitgl. im k. k. Archivrat in Wien; 1921 i. R. Wiss. widmete sich W. der Zeit Karls IV. und beteiligte sich an der anlässl. von dessen 500. Todestag entbrannten Debatte um seine „Nationalität“ (Deutscher oder Tscheche), wobei er eine kosmopolit. Position einnahm. Als 1893 die österr. Reichsgeschichte zum Prüfungsfach für alle Juristen wurde, verf. W. dazu das mehrfach aufgelegte Lehrbuch „Österreichische Reichs- und Rechtsgeschichte“ (1894). Anders als sein Bruder betätigte er sich nicht polit., trat jedoch in den 1920er-Jahren der NSDAP bei. W. war Mitgl. der Kgl. böhm. Ges. der Wiss. und der mähr.-schles. Ges. zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskde., Ehrenmitgl. der Dt. Akad. der Wiss. in Prag, des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen (1923) sowie der Dt. Ges. der Wiss. und Künste (1928); 1916 Titel und Charakter eines HR. Sein Bruder Albert W. (geb. Mies, 13. 3. 1843; gest. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 29. 12. 1915; röm.-kath.) wurde 1867 in Prag zum Dr. iur. prom. 1873 begann er seine berufl. Tätigkeit als Advokat in Prag; ab 1879 war er Prüfungskoär. bei Advokatenprüfungen. 1884–97 unterrichtete er an der Prager Handelsakad. Nationalökonomie sowie Handels- und Wechselrecht, 1897–1901 wirkte er als ao. Prof. für Verwaltungs- und Rechtslehre an der dt. TH in Prag, 1901–13 als Hon.-Doz. für Handels- und Wechselrecht. Er war u. a. Mitgl. des Landesschulrats, der staatswiss. Staatsprüfungskomm. und jener der Vermessungsgeometer und Kulturtechniker sowie Dion.mitgl. des K. Franz Joseph I. Landesversicherungsfonds. 1881 zog Albert W. als Mitgl. der dt. Fortschrittspartei in den böhm. LT ein; 1890 Landesausschussbeisitzer, 1898–1908 Oberlandmarschall-Stellv. in Böhmen, 1913–15 Mitgl. der Landesverwaltungs-Komm. für Böhmen. Er nahm zudem eine aktive Rolle im böhm. Genossenschaftswesen ein (ab 1891 Leiter des Verbands der dt. Vorschussver. in Böhmen, 1892–1912 Vors. des Gesamtausschusses des Allg. Verbands der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Österr., ab 1894 Präs. des Spar- und Kreditver. in Smichow). 1901 erhielt Albert W. den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und 1908 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens mit Stern.

Weitere W.: Italien. Politik Papst Innocenz VI. und Kg. Karl IV. ... 1353–54, 1878; Der erste Römerzug K. Karl IV. 1354–55, 1878; Geschichte K. Karls IV. und seiner Zeit, 3 Bde., 1880–92; Excerpta ex registris Clementis VI. et Innocentii VI. summorum pontificum historiam S. R. imperii sub regimine Karoli IV. illustrantia, 1885; Die Maiestas Karolina, in: ZRG, Germanist. Abt. 9, 1888; Der Ordo iudicii terre Boemie, ebd. 10, 1889; Krit. Bemerkungen zur österr. Landrechtsfrage, in: AfÖG 110/1, 1924.
L. (tw. auch zu Albert W.): Egerländer Biograf. Lex.; Kosel 2; Kürschner, Gel.Kal., 1931; Otto; Santifaller; Wer istʼs?, 1906, 1935; F. Jaksch, Lex. sudetendt. Schriftsteller ... 1900–29, 1929; G. Pirchan, in: Z. für Geschichte der Sudetenländer 6, 1943, Nr. 1, S. 102ff.; Pfarre Stříbro, CZ. – Albert W.: M. Navrátil, Almanach sněmu království Českého (1895–1901), 1896 (m. B.); Dt. Ztg. Bohemia 88, 1915, Nr. 360, S. 5; Jurist. Bll. 45, 1916, S. 19.
(P. Skřejpková)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 152f.
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