Wettstein von Westersheim Richard Ritter, Botaniker. Geb. Rodaun, NÖ (Wien), 30. 6. 1863; gest. Trins (Tirol), 10. 8. 1931 (Ehrengrab: Wr. Zentralfriedhof); röm.-kath. Bis zur Trennung in eine österr. und ung. Linie nannte sich die Familie v. Westersheimb. Sohn des Beamten Karl W. Ritter v. W. (geb. Wien, 27. 7. 1834; gest. ebd., 7. 7. 1903) und der Rosa Katharina W. Edle v. W., geb. Hirsch (geb. Wien, 14. 8. 1837; gest. ebd., 7. 3. 1871), Vater von →Friedrich W. Ritter v. W., dem Zoologen Otto W. Ritter v. W. (geb. Wien, 7. 8. 1892; gest. ebd., 10. 7. 1967) und dem Agrarbiologen Wolfgang W. Ritter v. W. (geb. Smichow, Böhmen / Praha, CZ, 22. 6. 1898; gest. Dobersberg, NÖ, 7. 2. 1984); ab 1889 verheiratet mit Adelheid Elisabeth W. Edle v. W. (geb. Innsbruck, Tirol, 15. 3. 1863; gest. Wien, 30. 6. 1938), Tochter von →Anton Kerner v. Marilaun. – Nach der Matura am Staatsgymn. in Wien 9 (1881) stud. W. zunächst Naturwiss. und Med. an der Univ. Wien. 1882 wandte er sich gänzl. den Naturwiss., insbes. der Botanik, zu; 1884 Dr. phil. Ab April 1884 Demonstrator der offizinellen, techn. und ökonom. Pflanzen am Botan. Garten der Univ. Wien unter Kerner v. Marilaun, erhielt W. dort im März 1885 eine Ass.stelle. Während seines Einjährig-Freiwilligen-Jahres 1885–86 bei der k. k. Landwehr in Wien habil. er sich 1886 als Priv.Doz. für systemat. Botanik. 1888 wurde W. Adjunkt am Botan. Inst. der Univ. Wien und damit def. gestellter Staatsbeamter. 1892 zum o. Prof. der systemat. Botanik und Kurator des Botan. Gartens der dt. Univ. in Prag ernannt, wirkte er dort bis zur Ernennung zum o. Prof. der systemat. Botanik an der Univ. Wien Ende 1898 (mit Wirksamkeit vom April 1899); 1909/10 Dekan der phil. Fak., 1913/14 Rektor. Mit mehreren Hundert Publ., anfängl. zur Pflanzenphysiol. und Mykol., später verstärkt zur Pflanzengeographie, Morphol. und botan. Systematik, aber auch mit evolutionstheoret., phylogenet., paläobotan. und ökolog. Arbeiten gehörte W. zu den produktivsten Botanikern seiner Zeit. Für zahlreiche schwierige Pflanzen-Sippen und Kleinarten legte er umfangreiche Bearb. vor: Exemplar. seien „Die europäischen Arten der Gattung Gentiana aus der Sektion Endotricha Froel. und ihr entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang“ (in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl. 64, 1896), „Monographie der Gattung Euphrasia“ (1896) und „Studien über die systematische Gliederung von Cytinus Hypocistis L.“ (in: Berr. der dt. botan. Ges. 35, 1917) genannt. 1898 publ. er die neuartige systemat. Herangehensweise als „Grundzüge der geographisch-morphologischen Methode der Pflanzensystematik“. Sein Hauptwerk bildet das zweibändige „Handbuch der systematischen Botanik“ (1901–08), das bis 1935 vier Aufl. erlebte. 1901 unternahm er eine Expedition nach Südbrasilien, die reichhaltiges neues Forschungs- und Bildmaterial erbrachte. Eine Auswahl erschien 1904 als „Vegetationsbilder aus Südbrasilien“ mit einer Begleitschrift. 1910–14 besuchte er Dalmatien, Griechenland, Sizilien, Tunis, Kreta und Ägypten. Von August 1929 bis Februar 1930 unternahm er, zusammen mit seinem Sohn Friedrich, noch eine Forschungsreise nach Afrika. Daneben sind W.s Aktivitäten als Wiss.organisator sowie in der Volksbildung hervorzuheben. Sein „Leitfaden der Botanik für die oberen Klassen der Mittelschulen“ (1891) erlebte bis 1932 elf Aufl. (tw. gem. mit →Karl Schnarf). W. gehörte zu den Mitbegründern des Wr. Volksbildungsver. und hielt regelmäßig Vorträge im Ver. zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse in Wien und später in der Wr. Urania. Ab 1889 fungierte er als Red. sowie ab 1892 als Hrsg. der „Österreichischen botanischen Zeitschrift“. Er war u. a. ab 1883 Mitgl. der Zoolog.-Botan. Ges. in Wien (1901–19 Präs.), ab 1892 des naturwiss.-med. Ver. Lotos in Prag, ab 1895 k. M., ab 1900 w. M. sowie ab 1919 Vizepräs. der math.-nat. Kl. der (k.) Akad. der Wiss. in Wien, ab 1895 k. M. der Regensburg. Botan. Ges., ab 1900 der Österr. Gartenbau-Ges. (1919–22 Präs.), ab 1901 Mitgl. der Senckenberg. Naturforschenden Ges., ab 1921 k. M. der Preuß. Akad. der Wiss. in Berlin und ab 1930 Senator der K.-Wilhelm-Ges. zur Förderung der Wiss. in Berlin. Nach ihm wurden u. a. 1891 eine Gattung der Schlauchpilze Wettsteiniella, 1907 eine Gattung der Kernpilze Wettsteinina, 1898 eine Gattung der Lebermoose und 1910 eine Gattung der Korbblütler Wettsteinia sowie 1935 eine Gattung der Stielfadengewächse Wettsteiniola benannt. 1904 erhielt er den Orden der Eisernen Krone III. Kl., 1911 das Kommandeur-Kreuz des griech. Erlöser-Ordens, 1916 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens und 1918 das Großkreuz des osman. Mecidiye-Ordens.