Wetzler, Bernhard (1839–1922), Großindustrieller und Bankier

Wetzler Bernhard, Großindustrieller und Bankier. Geb. Metzling, Böhmen (Meclov, CZ), 24. 6. 1839; gest. Wien, 10. 5. 1922; mos. Sohn des Kaufmanns Abraham W. und der Katharina W., geb. Hauser, Bruder des Kaufmanns Simon W., Vater von Mathilde W. (geb. Wien, 27. 2. 1872; gest. London, GB, 1965), verheiratete Fleischmann, die 1938 mit ihrer Familie nach London floh, Schwiegervater von →Anton Kerpely v. Krassai; ab 1870 verheiratet mit Ernestine W., geb. Thorsch (gest. Gainfarn, NÖ, 5. 8. 1882). – W. erhielt seine kaufmänn. Ausbildung in Prag. Ab 1865 fungierte er gem. mit seinem Bruder als Ges. des Speditions- und Komm.geschäfts und Produktenhandlung Brüder Wetzler in Eger, wobei sie sich vorrangig auf den Salzhandel konzentrierten. 1869 wurde er gem. mit Bernard Abeles Ges. der Komm.handlung in Produkten Wetzler & Abeles (1887 Alleineigentümer, ab 1891 unter dem Firmennamen B. Wetzler). 1872 war W. Mitbegründer des Oesterr. Handels- und Approvisionirungs-Ver., dessen Ziel in der Förderung des Geschäftsverkehrs mit Nutz- und Mastvieh sowie mit tier. und landwirtschaftl. Produkten im Allg. bestand. 1891 Ges. der Fa. Ig. Eisler’s Söhne & B. Wetzler, gründete er mit Sigmund und Josef Eisler 1900 in Wien die Niederländ. Cacaofabrik Eisler, Wetzler & Comp. Im selben Jahr wurde er Ges. der Militär-Conserven-Fabrik Bruck-Újfalu, Carl Littmann & Comp., die er 1910 übernahm. 1902 trat W. als Ges. in die Fa. Ig. Eisler & Co., Erzeugung von Conserven und Suppenextracten, in Inzersdorf ein. I. d. F. gehörte W. mit seinen Betrieben zu den bedeutendsten Lieferanten der Armee. Auch in der Zuckerind. spielte er eine wichtige Rolle: 1909 gründete die Anglo-Oesterr. Bank unter Führung ihres Miteigentümers und Dir. W. die Oesterr. Zuckerind.-AG (ab 1909 fungierte W. als Präs. von deren Verw.R.) und errichtete die Zuckerfabrik in Bruck an der Leitha, die u. a. Roh-, Sand- und Pilé-Zucker erzeugte. Dabei profitierte W. von der Nähe Brucks zu Bruckneudorf und verarbeitete in einem separaten Tl. der Fleischkonservenfabrik Melasse zu Tier- bzw. Kraftfutter. 1916 stieg er in die Munitionsind. ein und gründete gem. mit →Karl Frh. v. Skoda in Zwentendorf die Fa. Škodawerke-Wetzler AG (1917 Vizepräs. des Verw.R.) zur Erzeugung von Nitrozellulose und Nitroglyzerin, 1921 wurde auf die Produktion anderer Chemikalien umgestellt. Als Bankier amtierte W. ab 1903 im Gen.rat der Anglo-Oesterr. Bank, ab 1920 als dessen Präs., weiters war er Vizepräs. der Nordwestböhm. Ver.bank und saß im Verw.R. der Österr. Immobiliar Bank AG. Zudem war er u. a. 1918 Vizepräs. des Verw.R. der Fischerschen Weicheisen- und Stahlgießerei AG, Präs. des Verw.R. der Oesterr. Automobil-Fabriks AG (vormals Austro Fiat), Präs. der Feinstahlwerke Traisen-Leobersdorf AG (vormals Fischer) und Verw.R. der Georg Schicht AG. Ab 1908 wirkte er im Proponentenkomitee zur Gründung des Techn. Mus. und war neben dem Bankhaus Rothschild einer der beiden Hauptfinanziers. W., ab 1910 Mitgl. des HH, erhielt 1900 den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und wurde 1891 Ritter, 1905 Komtur des Franz Joseph-Ordens. Nach seinem Tod übernahm Mathilde W. die Leitung des Unternehmens, 1936 erfolgte die Übertragung der Ind.betriebe und Beteiligungen an die Ind.kredit AG.

L.: NFP, 10. (Abendbl.), AZ, RP, 11. 5. 1922; Adlgasser; Die Börse 3, 1922, Nr. 20, S. 3f.; Wr. Sonn- und Montags-Ztg. 64, 1926, Nr. 30, S. 5; F. Mathis, Big Business in Österr. 1, 1987, s. Reg.; R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, s. Reg.; Die österr. Zuckerind. und ihre Geschichte(n) 1750–2013, ed. W. Kohl – S. Steiger-Moser, 2014, s. Reg.; IKG, Wien; IKG, Meclov, CZ.
(Ch. Gruber)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 164
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