Wickenburg (Capello von Wickenburg), Eduard (Ernest Karl Maria) Gf. von (1866–27.6. 1936 (verunglückt)), Offizier und Afrikaforscher

Wickenburg (Capello von Wickenburg) Eduard (Ernest Karl Maria) Gf. von, Offizier und Afrikaforscher. Geb. Untergrafendorf (NÖ), 3. 7. 1866; gest. im Höllengebirge, OÖ, 27. 6. 1936 (verunglückt; begraben: Wolfsegg am Hausruck, OÖ); röm.-kath. Sohn des GM Eduard (Ferdinand Matthias) Gf. v. W. (geb. St. Pölten, NÖ, 11. 9. 1819; gest. ebd., 10. 1. 1891) und der Sternkreuzordensdame Emilie Gfn. v. W., geb. Gfn. Bussy de Mignot (geb. Ebreichsdorf, NÖ, 17. 5. 1834; gest. Wolfsegg/Wolfsegg am Hausruck, OÖ, 23. 9. 1901), Vater u. a. der Schriftstellerin und Schlossherrin Marietheres Gfn. v. W., verheiratete Waldbott-Bassenheim, Großneffe von →Matthias Constantin Gf. v. W.; ab 1919 mit Marianne, geb. Freiin Wražda v. Kunwald (geb. Rothhradek, Böhmen / Červený Hrádek, CZ, 25. 2. 1887; gest. Halbturn, Bgld., 28. 5. 1978) verheiratet. – W. absolv. die Kadettenschule in Mähr. Weißkirchen und verblieb bis 1893 im Militärdienst, zuletzt als Oblt. des Husarenrgt. Nr. 3. Danach begann eine intensive Reisetätigkeit. 1893–96 besuchte er Indien, Ceylon, Australien, Siam, Indochina, die Malaiische Halbinsel, Sumatra, Java, China, Japan und Nordamerika. Von Juli bis Oktober 1897 folgte seine erste Afrikaexpedition in das damalige Kolonialgebiet Brit.-Somaliland, ausgehend von Berbera über Harar in den Ogaden und weiter nach Süden ins Gebiet der Rer Amaden bis an den 7. Breitengrad, wo er Ende August umkehrte und über die östl. Landestle. zurückfuhr. Der zweite Tl. der Expedition führte ihn nach einer Schiffsreise nach Mombasa in das Landesinnere durch den heutigen Tsavo-Nationalpark zum Kilimandscharo, wo er topograph. Aufnahmen dieser Region und vom Flusslauf des Tsavo machte. Diese bildeten u. a. die Grundlage für die von Paul Krauß gezeichnete „Spezialkarte des Kilimandscharo 1:100.000“ (1900). Auch der dt. Geograph Hans Meyer nutzte für sein Werk „Der Kilimandjaro“ (1900) W.s Forschungsergebnisse. Darüber hinaus leistete W. wichtige Beitrr. zur kartograph. Erschließung Ostafrikas durch die Anfertigung zahlreicher Ms.karten, darunter 172 Bll. Routenskizzen nach eigenen Aufnahmen 1897 im Somaliland sowie 77 Ms.bll. mit Höhenmessungen im Gebiet nordöstl. des Kilimandscharo, welche von →Philipp Paulitschke bearb. und veröff. wurden. Ebenfalls auf Grundlage dieser Expedition entstand eines von W.s Hauptwerken, „Wanderungen in Ost-Afrika“ (1899, Reprint 2012), mit einer detaillierten Reisebeschreibung. Rund 200 Objekte seiner umfangreichen Smlgg. (Steinartefakte, Überreste von Insekten und Vögeln, Großtiere, mehrere Amphibien und Reptilien sowie Waffen und Werkzeuge aus Somaliland) schenkte er der anthropolog.-ethnograph. Abt. des Naturhist. Hofmus. in Wien, etwa 120 Fundstücke 1897 der dortigen zoolog. Abt. Altpaläolith. Steinartefakte aus der Fundstelle Atelier du Tug Issutugan gelangten in das heutige Weltmus. Wiss. Kontakte pflegte W. zu →Ludwig Lorenz v. Liburnau und Eduard Paul Tratz, dem Gründer des Hauses der Natur in Salzburg, der ebenfalls Tle. von W.s Smlgg., v. a. Großtiere, erhielt. Seine zweite Afrikareise 1901–02 führte ihn von Djibouti durch Abessinien, an den Stefaniesee, den Abajasee, den Rudolfsee und durch Kenia bis nach Lamu. Auf dieser fertigte W. Skizzen vom Mount Forole an der heutigen kenian.-äthiop. Grenze an, den er für die Wiss. „entdeckt“ hatte. Ihm zu Ehren wurde der Berg auch W.berg bzw. Mount W. genannt. Während dieser Reise war W. 1901 an der Anbahnung wirtschaftl. Beziehungen Österr.-Ungarns zu Abessinien im Zuge eines Empfangs bei K. Menelik II. beteiligt. 1911–13 bereiste W. Südamerika, wo er zunächst dem Lauf des Amazonas folgte und danach wieder zur Küste zurückkehrte. Aus Bolivien brachte er ein Mumienskelett mit, aus Peru eine Mumienumhüllung. Beide Objekte schenkte er dem Naturhist. Hofmus. Bei Kriegsausbruch meldete sich W. bei seinem Husarenrgt. und diente, zuletzt als Obstlt., im IR Nr. 7 bis 1918 an der italien. Front. Als leidenschaftl. Bergsteiger nützte er die Sommeraufenthalte in Gmunden zu zahlreichen Touren. W. war k. M. der Geograph. Ges. in Wien. 1915 erhielt er den Orden der Eisernen Krone III. Kl.

Weitere W.: Gf. E. W.s Reise in Aethiopien, in: Mitth. der k. k. geograph. Ges. in Wien 40, 1897; Reise des Gf. W., ebd. 45, 1902; Fahrten und Ritte durch die La Plata-Staaten und Chile, 1924.
L.: NFP, 31. 12. 1901, 21. 11., 11., 17. 12. 1902, 8. 7. 1910; Salzburger Chronik, 1. 7. 1936; Oö. Nachrichten, 19. 11. 1988 (m. B.); P. Paulitschke, in: Dr. A. Petermanns Mitt. aus J. Perthes᾽ geograph. Anstalt 44, 1898, S. 49ff.; P. Paulitschke, in: Mitt. der Anthropolog. Ges. in Wien 28, 1898, S. 115ff.; P. Paulitschke, in: Mitth. der k. k. geograph. Ges. in Wien 41, 1898, S. 531ff.; M. Waldbott, Es steht ein Berg in Afrika, 1988; M. Urbanek, Die Smlg. E. W. 1–2, phil. DA Wien, 1993; B. Tafla, Ethiopia and Austria, 1994, s. Reg., bes. S. 283f. (m. B.); Pfarre Maria Jeutendorf, NÖ; Pfarre Ebensee, Pfarre Wolfsegg am Hausruck, beide OÖ.
(W. Kainrath)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 171f.
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