Wickenburg (Capello von Wickenburg), Markus (Márk, Maria Marco) Gf. von (1864–1924), Ökonom und Politiker

Wickenburg (Capello von Wickenburg) Markus (Márk, Maria Marco) Gf. von, Ökonom und Politiker. Geb. Baltavár (Bérbaltavár, H), 13. 4. 1864; gest. Budapest (H), 6. 8. 1924; röm.-kath. Sohn des Mjr. Edmund (Ödön) Gf. v. W. (geb. 6. 2. 1831; gest. Wadowice, Galizien/PL, 11. 3. 1871, Suizid) und der Sternkreuzordensdame Stefánia Gfn. v. W., geb. Horváth v. Zalabér (geb. Söjtör, H, 1830; gest. 1921), Bruder von →Stephan Gf. v. W., Großneffe von →Matthias Constantin Gf. v. W.; ab 1919 verheiratet mit Eszter Gfn. v. W., geb. Gfn. Szapáry v. Szapár, Muraszombat u. Szécsisziget (1885–1944), der Urenkelin von →Franz Gf. Szapáry v. Szapár, Muraszombat u. Szécsisziget. – Nach dem Tod des Vaters ermöglichte eine Unterstützung durch die gräfl. Millesimoʼsche Stiftung zuerst W.s Gymn.besuch in Budapest (ab 1875) und später ein Stud. an der jurid. Fak. ebd., an der er 1886 zum Dr. rer. pol. prom. wurde. Seine berufl. Laufbahn begann 1885 in der Ung. Allg. Creditbank, 1887 erfolgte der Wechsel in den Staatsdienst, zuerst bei der Postsparkasse und ab 1889 – nach einer Zwischenstation bei der Fiumaner Steuerinspektion – im Finanzmin. W.s Interesse galt der Währungspolitik, im Bereich der Kreditkonversionen wirkte er an der Verbesserung der Finanzstruktur der ung. Staatsschulden mit. 1898 zum Finanzdir. der Ung. Staatsbahnen befördert, folgte er 1900 dem Ruf des Präs. der Ung. Allg. Creditbank →Siegmund Baron Kornfeld und übernahm eine Stelle als Bankdir. Handelsminister →Lajos Baron Láng v. Csanakfalva machte ihn 1902 zum Staatssekr. Im Frühjahr 1903 verstärkte W. mit einem in einer Nachwahl erworbenen Abg.mandat seine innerparteil. Position, doch wurde er gegen Ende desselben Jahres bei einem Regierungswechsel von seinem Posten enthoben und i. d. R. versetzt. Bei der Wahlniederlage der Liberalen Partei im Jänner 1905 ging auch sein Parlamentssitz verloren. Bes. Aktivität entfaltete er ab 1904 in der Dion. des Landesbodenkreditinst. für Kleingrundbesitzer hinsichtl. der Einbeziehung französ. Kapitals. Auch der Landespensionsver. der Privatbeamten wählte ihn 1909 zum Präs. Diese beiden Ämter übte er bis zu seinem Tod aus. In die Politik kehrte W. 1910 als Abg. der neuformierten liberalen Nationalen Arbeitspartei zurück, im AH führte er dabei den Vorsitz in der Budgetkomm. Die Tatsache, dass er ab 1902 Mitgl. der Komm. für die Diplomatenprüfungen gewesen war, trug wohl zu seiner Reaktivierung im Staatsdienst bei. I. d. F. wurde er als ung. Sektionschef und Leiter der handelspolit. Sektion ins Min. des Äußeren berufen. In der Neuorientierung der Balkanpolitik 1912–13 plädierte W. für den Plan, Serbien und Montenegro durch eine Zollunion mit der Doppelmonarchie auf friedl. Weg wirtschaftl. zu neutralisieren und die Durchsetzung österr.-ung. Handelsinteressen mittels Verkehrs- und Tarifpolitik zu gewährleisten. V. a. das Scheitern der mit französ. Kapitalbeteiligung geplanten Internationalisierung der auf neuserb. Gebiet befindl. Orientbahn und der Kriegsausbruch verhärteten seine Haltung gegenüber Serbien jedoch. In der ersten außenministeriellen Festlegung der Kriegsziele um die Wende 1914/15 koppelte W. an die Annexion serb. Gebiete den Plan einer wirtschaftl. Expansion bis Anatolien und Persien. Seinen extremen Vorstellungen stand die ung. Ballhausplatzbürokratie jedoch distanziert gegenüber, sodass er im Zuge der von →Ottokar Gf. Czernin vorgenommenen Personalrochade im März 1917 beurlaubt und erst 1919 pensioniert wurde. 1891 zum Kämmerer und 1912 zum Geh. Rat ernannt, erhielt W. 1903 den Orden der Eisernen Krone II. Kl. sowie 1917 jenen I. Kl.

W.: A váltó-árfolyamokról, in: Nemzetgazdasági Szemle 11, 1887; A német birodalom valutareformja, 1891; A legújabb magyar konverziók, in: Nemzetgazdasági Szemle 16, 1892; Adatok a legújabb magyar konverzióhoz, ebd.; A bankkérdéshez, in: Budapesti Szemle 35, 1907, Bd. 132; Le budget hongrois, 1908; Finances hongroises, in: Revue de Hongrie 3, 1910, Bd. 6.
L.: Szinnyei; A. Mitrović, in: Ges., Politik und Verwaltung in der Habsburgermonarchie 1830–1918, ed. F. Glatz – R. Melville, 1987, S. 343ff.; W. D. Godsey, Aristocratic Redoubt, 1999, s. Reg.; Gy. Kövér, in: Aetas 20, 2005, H. 1–2, S. 93ff.; É. Somogyi, Magyarok a bécsi hivatalnokvilágban, 2017, s. Reg.
(I. Ress)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 172f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>