Wiedermann, Gustav (1850–1914), Architekt und Baumeister

Wiedermann Gustav, Architekt und Baumeister. Geb. Franzensbad, Böhmen (Františkovy Lázně, CZ), 24. 8. 1850; gest. ebd., 11. 2. 1914; röm.-kath. Sohn des Baumeisters Karl W. (1816–1893) und der Anna Maria W., geb. Hammerschmid. – W. stud. Architektur am polytechn. Inst. in Prag und ab 1868 in Graz sowie 1870–71 Hochbau an der polytechn. Schule in München. Im Frühjahr 1872 ließ er sich als Architekt und Baumeister in Franzensbad nieder und realisierte die ersten Arbeiten noch mit seinem Vater, dessen Baufa. er 1874 übernahm. I. d. F. entwarf W. zahlreiche prachtvolle Badehäuser, Kolonnaden sowie Villen und trug so wesentl. zur Wandlung des bis dahin ländl. Charakters des Kurorts bei. Sein erster bedeutender Auftrag war die Errichtung des neuen Kursaals (1876–77), eines Neorenaissance-Gebäudes mit einem großen Ges.saal. In einem ähnl. Stil entwarf er das zentrale Kaiserbad (1878–80). Ab den 1880er-Jahren erweiterte W. sein Stilrepertoire und wählte etwa für die orthodoxe Kirche (1886–89) die für diese Bauten in Russland übl. Formen, die er auch für die orthodoxen Kirchen in Karlsbad (1893–97) und Marienbad (1900–01) verwendete. Die mit dem jüd. Kurbad verbundene Synagoge errichtete er im oriental. Stil, im neogot. Stil arbeitete er 1888 den Entwurf der Pfarrkirche in Graslitz aus (nicht realisiert). Die HGK Eger (1899–1900) erbaute er in einem von der nord. Neorenaissance ausgehenden Stil. W.s Schaffen konzentrierte sich auf Westböhmen, er war aber auch in Prag erfolgreich, als er 1881 gem. mit dem Prager Architekten Johann Koch im Wettbewerb um das Projekt der Landesexerzitienanstalten des Gf. Straka den 3. Platz belegte. Daneben war er polit. aktiv und fungierte in Franzensbad als Mitgl. des Stadtverordneten-Kollegiums, Stadtrat und Bgm. (1900–10). Unter seiner Ägide erfolgte der Ankauf der Badehäuser, Heilquellen, Parkanlagen sowie Moorgrundstücke, die vorher der Stadt Eger sowie Privaten gehört hatten, wodurch Franzensbad zum modernen Kurort avancierte. W. wurde k. Rat (1905), Off. des Franz Joseph-Ordens (1912) und erhielt den k. russ. St. Annen-Orden III. Kl. (1890), den k. russ. St. Stanislaus-Orden sowie den kgl. serb. St. Sava-Orden.

Weitere W.: s. Macek.
L.: Prager Abendbl., 13., Prager Tagbl., 17. 2. 1914 (Abendausg.); Das interessante Bl. 33, 1914, Nr. 9, S. 9ff. (m. B.); Wr. Bilder 19, 1914, Nr. 9, S. 6 (m. B.); St. Macek, Architektura Františkových Lázní v 19. století, 1989, s. Reg. (m. W.); Kunst in Eger, ed. L. Schreiner, 1992, s. Reg.; Mnichov – Praha. Výtvarné umění …, ed. T. Petrasová – R. Prahl, 2012, S. 355; V. Laštovičková, Ein fremdes Haus? Die Architektur der Dt.böhmen 1848–91, 2015, s. Reg.; Slavné vily / Architekti (online, m. B., Zugriff 6. 8. 2019); TU, Graz, Stmk.; Pfarre Františkovy Lázně, CZ.
(V. Vostřelová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 182
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