Wild, Franz (1791–1860), Sänger

Wild Franz, Sänger. Geb. Niederhollabrunn (NÖ), 31. 12. 1791; gest. Wien, 1. 1. 1860; röm.-kath. Sohn des Gastgebs Franz W. und seiner Frau Elisabeth W., geb. Magner; ab 1814 mit Josefine W., geb. v. Kirchstettern (gest. 1855), verheiratet. – Schon als Kind fielen W.s Musikalität und sein Gesangstalent auf. 1799 wurde er Sängerknabe im Stift Klosterneuburg. Danach erhielt er Unterricht bei →Antonio Salieri, der ihn an die k. Hofkapelle holte, wo W. oftmals solist. eingesetzt wurde. Nach der Mutation wurde er Chorsänger in den Wr. Theatern in der Leopoldstadt, in der Josefstadt und schließl. im Kärntnertortheater, an dem er erstmals in kleinen Solopartien Verwendung fand. Durch Vermittlung →Johann Nep. Hummels wurde er 1810 an das Esterházy’sche Hoftheater in Eisenstadt verpflichtet. →Ferdinand Gf. Pálffy v. Erdőd engag. den Sänger an das von ihm geleitete Theater an der Wien, an dem W. als Fürstl. Esterházyscher Kammersänger im Juli 1811 als Ramiro in der Oper „Aschenbrödel“ (Nicolas Isouard) glanzvoll debüt. Bis 1815 gehörte er sowohl dem Kärntnertortheater als auch dem Theater an der Wien an und hatte als Tenor grandiose Erfolge in den Opern „Camilla“, „Sargines“ (beide Ferdinando Paër), „Semiramis“ (Charles-Simon Catel), „Johann von Paris“ (François-Adrien Boieldieu), „Aline, Königin von Golkonda“ (Henri-Montan Berton), „Die Vestalin“ (Gaspare Spontini), „Joseph und seine Brüder“ (Étienne-Nicolas Méhul), „Richard Löwenherz“ (André-Ernest-Modeste Grétry) und „Joconde“ (Isouard). Mit Mozart-Rollen wie Tamino, Don Ottavio, Fernando, später als Don Juan, erwies er sich auch in dieser Sparte als vorbildl. Sänger und Künstler. Trotz seiner hervorragenden Position wurde W. kontraktbrüchig und ging nach Dtld., wo er ebenfalls großes Aufsehen erregte und als der „Erste Tenor Deutschlands“ gefeiert wurde. Im November 1816 nahm er eine Verpflichtung am Hoftheater Darmstadt an und blieb dort bis 1825. Danach wurde er Hofsänger in Kassel. Auf einer Parisreise besuchte er Gioacchino Rossini. 1829 hochgeehrt nach Wien zurückgekehrt, gewährte man ihm eine Verpflichtung auf Lebenszeit, die ihm aber auch die Möglichkeit zu weiten Gastspielreisen (1839 in St. Petersburg, 1840 in London, dort als Max in Webers „Der Freischütz“) gab. Mit Ferdinand Hérolds Oper „Zampa“ (1832 Kärntnertortheater) machte er regelrecht Furore. Im Repertoire seiner späteren Karriere befinden sich die Opern „Otello“, „Wilhelm Tell“ (Rossini), „Die Jüdin“, „Belisario“ (Gaetano Donizetti) „Robert der Teufel“ (Giacomo Meyerbeer), „Die Unbekannte“, „Norma“ (Vincenzo Bellini), „Fra Diavolo“ und „Die Stumme von Portici“ (Daniel-François-Esprit Auber). Am Ende seiner Bühnenlaufbahn stand die Rolle des Abayaldos in Donizettis Oper „Dom Sebastian“ im Kärntnertortheater unter der Leitung des Komponisten. Als Konzertsänger blieb W. weiterhin aktiv. Noch wenige Tage vor seinem Tod sang er →Franz Schuberts „Ständchen“. Zu den Höhepunkten seiner Karriere zählte der Vortrag von →Ludwig van Beethovens „Adelaide“ im Hofkonzert 1814, vom Komponisten auf dem Klavier begleitet. Beethoven hat – nach Zeugnis des Sängers – die zweite Fassung des Lieds „An die Hoffnung“ (Text: Christoph August Tiedge) für seinen Freund W. komponiert. W. war einer der berühmtesten Tenöre seiner Zeit. Obwohl von kleiner Statur, besaß er eine starke Dominanz auf der Bühne, die er auch seinem feurigen Spiel verdankte. Seine Stimme war von edlem, metall. Klang und zeichnete sich durch starkes Volumen aus. Trotz gesangl. Höchstleistungen blieb sie ihm bis ins Alter erhalten. W.s Stimmumfang machte es ihm mögl., auch Partien außerhalb des Tenorfachs zu singen, wie Mozarts Don Giovanni oder Hérolds Zampa. Beide zählten zu den besten Gestaltungen des mit hohen Titeln ausgez. Sängers.

W.: Autobiographie, in: Recensionen und Mitth. über Theater und Musik 6, 1860.
L.: ADB; Eisenberg, Bühne; Kosch, Theater-Lex.; Kutsch–Riemens; MGG II; Wurzbach (m. Rollenverzeichnis); W. Turteltaub, in: Mitth. aus Wien, 1835, 1, S. 46; F. Schlögl, F. W. Bll. der Erinnerung, 1860 (m. B. u. Rollenverzeichnis); C. Höslinger, in: FS O. Biba …, ed. I. Fuchs, 2006, S. 235ff. (m. B.); Pfarre Lichtental, Wien; Pfarre Niederhollabrunn, NÖ.
(C. Höslinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 208f.
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