Wilda, Charles (Karl August Heinrich) (1854–1907), Maler

Wilda Charles (Karl August Heinrich), Maler. Geb. Wien, 20. 12. 1854; gest. ebd., 11. 6. 1907 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Cafetiers und Restaurantbesitzers Heinrich Ludwig W. (geb. Wien, 2. 4. 1821; gest. ebd., 5. 9. 1903) und der Karoline Theresia W., geb. Kronik (geb. Wien, 13. 2. 1836; gest. ebd., 24. 2. 1920), Bruder von Gottfried Johann August W. (s. u.); unverheiratet. – Nach Besuch der Realschule trat W. 1869 in die Allg. Malerschule der ABK in Wien ein. Dort stud. er bis 1872 bei →Karl Mayer, 1873–75 bei Carl Wurzinger, 1875–77 in der Spezialschule für Historienmalerei bei →Eduard v. Engerth, 1877–78 bei →August Eisenmenger sowie 1878–80 bei →Leopold Karl Müller (1875 Lampi-Preis). Ab 1880 hielt er sich häufig für längere Zeit in Paris auf; ein angebl. Stud. an der dortigen Akad. ist nicht belegbar. In W.s Bildern sind jedoch Einflüsse der französ. Orientmalerei deutl. erkennbar. In den späten 1880er-Jahren unterhielt er ein gem. Atelier mit Arthur v. Ferraris in Paris. Zwischen ca. 1880 und Ende der 1890er-Jahre folgten zahlreiche längere Aufenthalte in Ägypten, zumeist in Kairo, 1892 gem. mit →Art(h)ur Strasser. Weiters war W. in Oberägypten (1894), möglicherweise in Nubien, die Ölskizze „Damaskus“ lässt vermuten, dass er auch eine Reise nach Syrien unternahm. I. d. F. wandte er sich ganz dem Orientfach zu, wobei er sich wie Müller hauptsächl. auf eine „ethnographische“ Genremalerei beschränkte, gelegentl. erweitert durch Porträts bzw. Stud.köpfe von Orientalen. Auch während seiner Aufenthalte in Wien führte W. einige Porträtaufträge aus. Ab ca. 1895 entstanden neben den Orientbildern Genreszenen aus dem ländl. Österr., 1898 arbeitete er an der maler. Ausgestaltung des Wr. Rathauskellers mit, 1904 fertigte er das Wandgemälde im Rathauskeller von Olmütz. Ab 1900 finden sich in seinem Œuvre auch bibl. Darstellungen in orientalist. Ambiente, in den späten Jahren Märchen- und Sagenstoffe. W. war zu Lebzeiten ein sehr geschätzter und hoch bezahlter Künstler, der als der eigentl. Nachfolger Müllers galt. Seine Orientbilder sind von einem poet. Realismus und kräftigem, doch delikatem Kolorismus geprägt; in den späten Werken macht sich mit der Erweiterung des Themenspektrums auch ein Stilwandel bemerkbar. Er war ab 1885 Mitgl. des Aquarellisten-Clubs des Wr. Künstlerhauses, 1886–1900 und wieder ab 1904 Mitgl. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), 1895 erhielt er den Kaiser-Preis, 1898 die Kleine Goldene Staatsmedaille des Künstlerhauses, 1900 den Fritz-Dobner-Preis sowie die Bronzemedaille auf der Weltausst. in Paris, 1901 die II. Medaille auf der 8. Internationalen Kunstausst. in München, 1904 die Große Goldene Staatsmedaille und 1906 die Karl-Ludwig-Medaille. Mit seinen Arbeiten war er etwa in Paris (u. a. 1889 im Salon de la Société des Artistes Français, 1900 Weltausst.), Wien (Künstlerhaus), München, Berlin und wohl auch in Kairo vertreten. 1907 fand eine Gedächtnisausst. im Wr. Künstlerhaus statt. Sein Bruder, der Maler Gottfried Johann August (Hans Gottfried, Heinrich Gottfried) W. (geb. Wien, 15. 7. 1862; gest. ebd., 30. 10. 1911), war ab 1890 mit Mathilde W., geb. Hilbert, verheiratet. Er war zunächst Schüler seines Bruders und stud. dann an der Wr. Kunstgewerbeschule unter →Karl Hrachowina (ornamentales Zeichnen) und Ludwig Minnigerode (figurales Zeichnen). Gottfried W. war vorwiegend als Aquarellist tätig und spezialisierte sich auf Pferde-, Sport- und Jagdmalerei, wobei er oft zur Dokumentation an Hofjagden teilnahm. Als solcher wurde er hochgeschätzt und erhielt Aufträge vorwiegend aus den Kreisen der Aristokratie und des k. Hofs. Seine bes. Begabung lag in der Wiedergabe bewegter Pferdekörper, häufig sind es Darstellungen von Kutschenfahrten, oft mit Mitgl. der k. Familie und hohen Staatsgästen. Er war ab 1898 k. M. des Aquarellisten-Clubs in der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus) und Mitgl. der Künstlervereinigung Alte Welt.

Weitere W. (s. auch Zemen): Die Wahrsagerin, 1881; Der Schlangenbeschwörer, 1883; Ein Andenkenverkäufer, 1884; Die Palastwache, 1884; Der Schreiber, 1886; Die Teppichhändler, 1889; Milchverkäufer in Kairo, 1892; Die Drei Weisen aus dem Morgenlande, 1901; Wäscherinnen am Nil (Österr. Galerie Belvedere, Wien); Rauchendes Mädchen vor einem Marktstand, 1906. – Gottfried W.: Ausfahrt zur Jagd in Neuberg-Mürzsteg (Jagdschloss Mürzsteg).
L.: NFP, 11. 6. 1907 (Abendbl.); Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; L. Hevesi, in: Kunst und Kunsthandwerk 10, 1907, S. 399, 630; G. Frodl, in: Alte und Moderne Kunst 178/179, 1981, S. 21f.; C. Juler, Najd Collection of Orientalist Paintings, 1991, S. 231ff.; G. Wimmer – S. Grabner, in: Orient. Österreichische Malerei zwischen 1848 und 1914, ed. E. Mayer-Oehring, Salzburg 1997, S. 236ff. (Kat.); M. Haja – G. Wimmer, Les Orientalistes des Écoles allemande et autrichienne, 2000, S. 354ff.; L. Thornton, Les Orientalistes, 3. Aufl. 2011, S. 184f.; A. Blaschek, in: Egypt and Austria 7, 2012, S. 33ff.; Der Orientmaler Ch. W. 1854–1907, ed. H. Zemen, 2012 (m. B. u. W., auch für Gottfried W.); ABK, Wien. – Gottfried W.: Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011 (online, Zugriff 21. 10. 2019).
(E. Czerny)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 210f.
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