Wildauer, Mathilde (1820–1878), Schauspielerin und Sängerin

Wildauer Mathilde, Schauspielerin und Sängerin. Geb. Wien, 7. 2. 1820; gest. ebd., 23. 12. 1878 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Friedhof Hietzing); röm.-kath. Tochter des Sensals Vinzenz W. und seiner Frau Clara W., geb. Fischer; unverheiratet. – Nach Erfolgen als Laienspielerin wurde W. als 14-Jährige in das Wr. Hofburgtheater aufgenommen, wo sie nach Schulung durch die Hofschauspieler Karl Müller und →Karl Ludwig Costenoble im April 1834 als Susette in August v. Kotzebues „Die Rosen des Herrn von Malesherbes“ debüt. Fortan fand sie reichl. Verwendung in Lustspielen von Kotzebue, August Wilhelm Iffland, Roderich Benedix, →Eduard v. Bauernfeld und wurde rasch zu einem Publikumsliebling. 1845 gab sie ein Gastspiel im Theater in der Josefstadt, bei dem sie nebst der Rosl in →Ferdinand Raimunds „Der Verschwender“ auch in Opernpartien auftrat: als Marie in Gaetano Donizettis „Die Regimentstochter“, Emmeline in →Joseph Weigls „Die Schweizer Familie“ und Hermine in Michael William Balfes „Die vier Haimonskinder“. Im folgenden Jahr gab sie ein Operngastspiel am Theater an der Wien mit ähnl. Programm. Im Mai 1848 kreierte sie die Nandl in dem für sie geschriebenen ländl. Singspiel „Das Versprechen hinterm Herd“ von →Alexander Baumann, einem ihrer größten Erfolge, in welchem sie sich auch als Sängerin auszeichnete. Obwohl ihr unter →Heinrich Laubes Dion. (ab 1849) eine Erweiterung ihres Fachs ermöglicht wurde – so als Katharina in Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“, als Eve in Kleists „Der zerbrochne Krug“, als Franziska in Lessings „Minna von Barnhelm“ –, fühlte sie sich nun ganz zum Gesang und zur Oper hingezogen. 1849 gab sie ein Gastspiel am Kärntnertortheater als Theophila in „Die Krondiamanten“ (Daniel-François-Esprit Auber), das sehr erfolgreich verlief. 1850 vollzog sie den Wechsel zum Operngesang, spielte aber anfangs noch ihre Rollen im Burgtheater weiter. Ab September 1851 gehörte sie dem Ensemble des Kärntnertortheaters an und rückte bald zu einer ausgez. Sängerin von Koloraturpartien wie Lucia in Donizettis „Lucia von Lammermoor“ auf. Weitere Hauptrollen sang sie in „Linda von Chamounix“ (Donizetti), „Die Zigeunerin“ (Balfe), „Der schwarze Domino“ (Auber), „Casilda“ (Ernst v. Sachsen-Coburg-Gotha), „Giralda“ (Adolphe Adam), „Dominga“ (→Josef Dessauer), „Indra“ (Friedrich v. Flotow), Frau Fluth in „Die lustigen Weiber von Windsor“ (Otto Nicolai), hinzu kamen Mozartpartien wie Susanne und Zerline. Als Giacomo Meyerbeer 1855 in Wien seine Oper „Der Nordstern“ einstud. und leitete, bestand er auf W. in der Rolle der Katharina. Rollen aus ihrer späteren Epoche waren Rose Friquet in „Das Glöckchen des Eremiten“ (Aimé Maillart) und Armgard in „Die Rheinnixen“ (Jacques Offenbach). Ihr letztes Auftreten erfolgte im November 1864 als Isabella in „Robert der Teufel“ (Meyerbeer). Nach acht Jahren Theater und zwölf Opernjahren zog sich die Künstlerin, die sich nur selten außerhalb Wiens hören ließ, von der Bühne zurück. W. galt im Schauspielfach als Verkörperung wiener. Liebenswürdigkeit. Als Opernsängerin konnte sie sich neben den italien. Primadonnen des Zeitalters gut behaupten.

L.: NFP, Die Presse, 24. 12. 1878; Alth; Eisenberg, Bühne; Kosch, Theater-Lex.; Kutsch–Riemens; oeml; Wurzbach; Recensionen und allg. Bemerkungen über Theater und Musik, 1853, 1, S. 32f., 2, S. 39f.; C. L. Costenoble, Aus dem Burgtheater 2, 1889, s. Reg.; H. Laube, Das Burgtheater, 1891, S. 270f.; G. Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, ed. S. Henze-Döhring, 6, 2002, s. Reg.; Pfarre Am Hof, Pfarre St. Michael, beide Wien.
(C. Höslinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 211f.
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