Wilhelm, Grete (Margarethe Anna); geb. Huiber (1887–1942), Malerin, Graphikerin und Kunstgewerblerin

Wilhelm Grete (Margarethe Anna), geb. Huiber, Malerin, Graphikerin und Kunstgewerblerin. Geb. Radein, Stmk. (Radenci, SLO), 9. 7. 1887; gest. Wien, 24. 6. 1942; bis ca. 1910 röm.-kath., später evang. AB. Tochter des Gutsverwalters Josef Huiber (geb. 18. 3. 1854; gest. 1898) und der Karoline Huiber, geb. Henn (geb. 14. 1. 1863), Private; ab 1910 verheiratet mit dem Notar Karl Hermann W. (geb. Graz, Stmk., 13. 11. 1878; gest. Wien, 17. 2. 1966; evang. AB), dem Sohn von →Gustav Friedrich W. (s. u. Karl Adolf W.). – W. stud. 1908–09 an der Landeskunstschule Graz bei →Alfred Schrötter v. Kristelli und 1910–14 an der Wr. Kunstschule für Frauen und Mädchen bei →Tina Blau. Ab 1914 war sie als selbstständige Künstlerin tätig und präsentierte im Februar 1915 ein „Stilleben“ in der von Blau organisierten Kunstverlosung für Kriegsfürsorgezwecke im Festsaal des Militärkasinos (Wien 1). 1919 war sie neben Robert Philippi, →Egge Sturm-Skrla, Hildegard Jone u. a. Mitgl. der in diesem Jahr unter Viktor Tischler gegr. Künstlergruppe Neue Vereinigung (der Ver. ging bereits 1919/20 fast vollständig im Hagenbund auf) und beteiligte sich im April des Jahres mit drei Gemälden an deren ersten Ausst. im Wr. Konzerthaus. Im selben Jahr entstand die handsignierte Lithographie „Feldarbeiterinnen“ für die Mappe der Neuen Vereinigung. Im Dezember 1919 nahm W. an der Wr. Zeichner-Ausst. der Galerie Würthle mit zwölf Papierarbeiten teil. 1920 ließ sie einzelne Puppenmodelle und -köpfe offiziell als Muster registrieren und erwarb 1921/22 das österr. und dt. Patent für ein neues, kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Puppenköpfen. Ab ca. Mitte 1919 bis 1922 war W. k. M. des Wr. Hagenbunds, jedoch nicht, wie durchgängig in der Literatur erwähnt, erstes weibl., 1925–38 ao. Mitgl. 1920–36 nahm sie mit ihren Arbeiten (Blumen, Stillleben, Stadtbild, Markt, Arbeiterinnen) wiederholt an dessen Ausst. und 1924 an jener im Künstlerhaus („Kasperltheater“) teil. Weiters war sie o. Mitgl. der 1926 gegr. Vereinigung bildender Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen Wr. Frauenkunst, in deren Ausst. sie ab 1927/28 präsent war. 1931 saß W. in der Jury für den Ehrenpreis der Stadt Wien. 1940 wurde sie Mitgl. der Vereinigung bildender Künstlerinnen der Reichsgaue der Ostmark (im großdt. Reich), an deren Ausst. sie sich 1941 und 1942 beteiligte, sowie im Oktober des Jahres, mit Wirkung vom Juli 1938, in die Reichskammer der bildenden Künste aufgenommen. W. war mit dem steir. Maler Kurt Weber befreundet. Die geringe Anzahl der bis dato bekannten Werke, tw. nur durch Schwarz-Weiß-Aufnahmen belegt, lassen kaum Rückschlüsse auf die künstler. Entwicklung der Malerin zu. Zeitgenossen galt sie als eine vorzügl. Koloristin, die ihre Gemälde „tonfein“ und „farbensatt“ ausführte. In ihren Werken sind Spielarten des Im- und Expressionismus ersichtl. sowie teils kubist. Momente. Neben kompakten Strukturen finden sich atmosphär. aufgelockerte Darstellungen, die als „kühne Versuche des Pinsels“ bzw. „brennende Eindruckskunst“ beschrieben wurden. Ihre Arbeiten befinden sich u. a. im Wien Mus., in der Albertina, in der Univ. für angewandte Kunst (alle Wien) und in Privatbesitz.

L.: Fuchs, Geburtsjgg.; Thieme–Becker; Der Hagenbund, Wien 1975, S. 36 (Kat.); Die verlorene Moderne. Der Künstlerbund Hagen 1900–38, Schloss Halbturn 1993, S. 22, 226, 274 (Kat.); S. Plakolm-Forsthuber, Künstlerinnen in Österr. 1897–1938, 1994, s. Reg.; E. Doppler, Grazie und Expression … 1780 bis 1980 …, Schloss Albeck 1999 (Kat.); J. M. Johnson, The Memory Factory. The Forgotten Women Artists of Vienna 1900, 2012, S. 284, 398; K. Jesse, in: Hagenbund, ed. A. Husslein-Arco u. a., Wien 2014, passim, bes. S. 358, 360f., 435 (Kat., m. B.); P. Chrastek, Expressiv – Neusachlich – Verboten. Hagenbund …, (2016), S. 335; Bestattungsmus., Österr. Galerie Belvedere, Österr. Patentamt, VBKÖ, WStLA, alle Wien.
(K. Jesse)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 221
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