Willroider, Ludwig (1845–1910), Maler und Zeichner

Willroider Ludwig, Maler und Zeichner. Geb. Villach (Ktn.), 11. 1. 1845; gest. Bernried, Dt. Reich (Bernried am Starnberger See, D), 22. 5. 1910 (Ehrengrab: Villach); röm.-kath. Sohn des Tischlers Josef W. und der Josefa W., geb. Kleinberger, Bruder von →Josef W.; ledig. – Nach der Tischlerlehre bei seinem Vater erhielt W. ersten Zeichenunterricht durch seinen Bruder. 1864/65 unternahm er eine Stud.reise durch Österr., Bayern und Norditalien, ehe er sich 1868 in München niederließ, wo er sich an Eduard Schleich d. Ä., Adolf Lier und Carl Ebert orientierte. Belegt ist auch die Zusammenarbeit mit Anton Braith und Christian Mali, die sich schon länger mit Freiluftmalerei auseinandersetzten. W. entwickelte sich zu einem der letzten Vertreter der in der Münchner Schule repräsentierten realist. Landschaftsmalerei, die sich sowohl auf die niederländ. Malerei des 17. Jh. (Jacob van Ruisdael) als auch auf die Freiluftmalerei der Schule von Barbizon bezog. Gleichzeitig vermittelte er diese Impulse an die noch biedermeierl. geprägten Ktn. Maler während häufiger Sommeraufenthalte in Viktring bei der Industriellenfamilie v. Moro. W. pflegte alle Varianten der Landschaftsmalerei, entwickelte sich aber v. a. zu einem Meister der paysage intime in der Nachfolge Jean-Baptiste Camille Corots, was ihm den Beinamen „der bayerische Corot“ eintrug. Unspektakuläre Landschaftsausschnitte, Lichtungen, Baumgruppen etc. an Flussläufen stellt er „wahrhaftig“, ohne Idealisierung oder Überhöhung, dar. Seine Fähigkeit, mit wenigen Strichen eine – oftmals melanchol. – Stimmung zu erzeugen, belegt eine Vielzahl von Motiven aus der bayer. Voralpenlandschaft, aber auch seiner Ktn. Heimat (Schlosspark von Viktring, 1891) in Öl wie in Bleistift- sowie Kohlezeichnungen. Daneben ragen wenige großformatige Gemälde nach bibl. Motiven aus seinem Werk heraus, von denen ledigl. das über 3 x 5 m große Gemälde „Nach der Sintflut“ erhalten blieb (Landesmus. Mainz), ein Zugeständnis an das heroische Pathos der zeitgenöss. Historienmalerei. Eine mögl. Weiterentwicklung deutete W. in seinem rätselhaften Gemälde „Wüstes Bergplateau mit rotem Buch“ (1882) an, dessen baumlose Weite an frühe symbolist. Tendenzen denken lässt. W. bereiste 1872 die Niederlande, 1882 Südtirol, 1884 Rom und Neapel. Ab 1889 arbeitete er in München in Ateliergemeinschaft mit seinem Bruder. Im Gegensatz zu diesem widmete sich W. vereinzelt auch dem Porträt (Porträts der Eltern, 1869), Stillleben und Altarbildern (Christus am Ölberg, 1864, Kirche in Malta, Ktn.). Ab etwa 1890 hellte sich seine Palette auf, sein Pinselstrich wurde zunehmend lockerer, er näherte sich vorsichtig impressionist. Auffassung, ohne die realist. Darstellung der Landschaft aufzugeben. In seinen späten Jahren erwählte er Bernried am Starnberger See zu seinem bevorzugten Aufenthalt, wo er sich ein Jahr vor seinem Tod ein Haus baute. W. gilt – neben Joseph Wenglein und Josef W. – als einer der letzten bedeutenden Vertreter der Münchner Landschaftsmalerei, gefördert von Prinzregent Luitpold und erfolgreich bei allen bedeutenden dt. Kunstausst. vertreten. Er war Mitgl. der Münchner Künstlergenossenschaft, in deren Jury er anlässl. der Internationalen Kunstausst. 1889 saß. W. wurde mehrfach ausgez. Er war ab 1880 k. M. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), ab 1884 Ehrenmitgl. der Münchner ABK, wurde 1884 Ritter des bayer. Verdienstordens zum Hl. Michael I. Kl. und erhielt 1886 den Prof.titel. Seinen Nachlass überließ er seiner Geburtsstadt. Der Großteil seiner 885 Werke befindet sich in Privatbesitz.

Weitere W. (s. auch Fiedler, 1964; Mair – Fiedler-Bender): Landschaft bei Fürstenfeldbruck; Die Isar bei Großhesselohe; An der Günz; Bauplatz in Bernried; An der Amper; Landschaft mit Ziegen.
L.: Münchner Neueste Nachrichten, 23., 24., NWT, 24. 5. 1910; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach; Freie Stimmen 30, 1910, Nr. 61, S. 1f.; G. Fiedler, Die Landschaftsmaler Josef und L. W., Diss. Innsbruck, 1964 (m. W.); G. Fiedler, in: Neues aus Alt-Villach 2, 1965, S. 157ff. (m. B.); E. Ruhmer, Die Münchner Schule 1850–1914, München 1979, S. 121, 440f. (Kat.); G. Oetzelt, in: Neues aus Alt-Villach 16, 1979, S. 107ff.; S. Meidl, ebd., S. 117ff.; H. Ludwig, Münchner Maler im 19. Jh. 4, 1983; A. Rohsmann, Josef und L. W., Klagenfurt 1994 (Kat.); Josef W. … L. W., ed. E. Mair – G. Fiedler-Bendler, Villach 1995 (Kat., m. W.); S. Wichmann, Münchner Landschaftsmaler im 19. Jh., (1996), S. 222, 274; G. Fiedler-Bender, in: RückSicht. FS für H.-J. Imiela, 1997, S. 161ff.; Kunst in der Ver.bank, 1997, S. 154ff.; S. Bertuleit – C. Valter, Natur als Garten, Schweinfurt 2004, S. 91, 150f. (Kat.); R. Wlattnig, in: Rudolfinum. Jb. des Landesmus. für Ktn., 2006, S. 148ff.; Vor den Alpen, ed. St. Borchardt, Hohenkarpfen 2008, S. 52 (Kat.); Landschaft, ed. Ch. Wetzlinger-Grundnig, Klagenfurt 2012, S. 36, 38ff. (Kat.).
(E. Chrambach)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 230f.
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